Transplantationszentrum wird überprüft

Im Verdachtsfall um Unregelmäßigkeiten bei Organspenden gegen einen Arzt hat sich das Gesundheitsministerium eingeschaltet.

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Essen. Nach der Verhaftung eines Mediziners in Essen wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten bei Lebertransplantationen prüft das Gesundheitsministerium Konsequenzen für das Transplantationszentrum an der Uniklinik. Es müsse geklärt werden, ob das Zentrum noch in der Lage sei, seinen Versorgungsauftrag wahrzunehmen oder aus dem Krankenhausplan des Landes herausgenommen werden muss, teilte der nordrhein-westfälische Minister Karl-Josef Laumann (CDU) auf Anfrage mit. Auch müsse geprüft werden, ob dem in Untersuchungshaft sitzenden Mediziner die Approbation entzogen oder ruhend gestellt werden könne. Solche Schritte hatte das Ministerium laut Laumann bereits in der Vergangenheit erwogen, nach damaliger Faktenlage aber keine rechtliche Grundlage dazu gesehen. Angesichts des neuen Sachstands müsse nun erneut geprüft werden.

Seit Dienstag sitzt ein Direktor der Chirurgie am Uniklinikum Essen in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, 2012 bis 2015 an sechs Patienten medizinisch nicht erforderliche Lebertransplantationen vorgenommen zu haben. Gegen den Mediziner werde wegen Totschlags in einem Fall, wegen gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen sowie wegen Verstoßes gegen das Transplantationsgesetz in zwei Fällen ermittelt. Der 61-jährige Mediziner habe die Vorwürfe zurückgewiesen. In dem laufenden Verfahren will die Staatsanwaltschaft auch prüfen, ob sich weitere Mediziner des Uniklinikums strafbar gemacht haben, so eine Sprecherin. Die Uniklinik hatte angekündigt, vollumfänglich mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten.

Sollten sich die Vorwürfe gegen den Direktor der Transplantationschirurgie bewahrheiten, „hätten wir es mit einem schlimmen Verbrechen zu tun“, teilte Laumann weiter mit. Gleichzeitig zeige der Fall, dass die nach vergangenen Skandalen angepassten Kontrollmechanismen wirkten. „Die Vorgänge können dazu führen, dass das Vertrauen in die Transplantationsmedizin erneut erschüttert wird“, befürchtete Laumann. Dem gelte es durch Transparenz und Aufklärung entgegenzuwirken.

Seit Jahren drücken Skandale rund um die Organspende die Spendenbereitschaft. 2017 sank in NRW die Zahl der Organspenden nach dem Tod um 16 auf 146 - der niedrigste Wert in den vergangenen 19 Jahren. Allein in Nordrhein-Westfalen warten laut Deutscher Stiftung Organtransplantation mehr als 2000 Menschen auf eine Organspende. Auch im ersten halben Jahr 2018 gab es landesweit weniger Organspender als im Vergleichszeitraum 2017.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nahm den aktuellen Fall zum Anlass, die Verstaatlichung des Organspendesystems zu fordern. „Um Patienten zu schützen und Gerechtigkeit herzustellen, muss das Transplantationssystem in staatliche Hände übergeben werden, sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz am Mittwoch. Bisher machten dies private Organisationen. „Doch weder die Bundesärztekammer noch die Deutsche Stiftung Organtransplantation dürfen über Lebenschancen entscheiden“, forderte Brysch. Es brauche klare und einheitliche Regeln für die Verteilung der Organe sowie für die Organisation und Kontrolle der Maßnahmen. lnw