Regierung Truss geht, Sunak kommt - Dritter britischer Premier in zwei Monaten

London · Schon wieder ein Wechsel in der Downing Street: Nun darf sich Rishi Sunak als Premierminister versuchen, der im Sommer noch an Liz Truss scheiterte. Doch nach deren kurzer, chaotischer Amtszeit hoffen die britischen Tories mit dem Ex-Finanzminister auf Stabilität.

Der neue britische Premierminister Rishi Sunak.

Foto: dpa/Aaron Chown

Das Vereinigte Königreich bekommt seinen dritten Premierminister in nur zwei Monaten. Der frühere Finanzminister Rishi Sunak soll am Dienstag von König Charles III. formell mit der Regierungsbildung beauftragt werden.

Zuvor soll der Monarch dort die scheidende Premierministerin Liz Truss entlassen, die am Morgen ihre letzten Worte aus der Downing Street an die Nation richtete. „Aus meiner Zeit als Premierministerin bin ich mehr überzeugt denn je, dass wir mutig sein müssen angesichts der Herausforderungen, denen wir uns gegenüber sehen“, sagte Truss in Verteidigung ihrer gescheiterten Politik. Sie glaube noch immer an Wirtschaftswachstum durch niedrige Steuern. Das Land müsse außerdem seine „Brexit-Freiheiten“ ausnutzen.

Nach Sunaks Audienz bei Charles wollte sich der frisch ernannte Regierungschef in der Downing Street äußern. Die regierende Konservative Partei hofft, dass er nach monatelangem Streit die Reihen wieder schließt, den freien Fall der Tories in Umfragen stoppt und die Wirtschaft wieder stabilisiert.

Die Konservativen hatten den 42-Jährigen am Montag zum neuen Vorsitzenden gekürt. Damit wurde Sunak auch zum designierten Premier - als erster gläubiger Hindu und indischstämmiger Politiker. Er wird zudem der jüngste Regierungschef seit mehr als 200 Jahren. Truss tritt nach nur sieben Wochen im Amt - die kürzeste Regierungszeit der Geschichte - schon wieder ab. Sie hatte mit radikalen Steuerreformen, die allein mit neuen Schulden gegenfinanziert werden sollten, enorme Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst. Als auch in der eigenen Partei die Kritik immer lauter wurde, musste Truss zurückrudern - ihre Autorität war beschädigt.

Mit Spannung wird erwartet, wen Sunak nun in sein Kabinett beruft. Da die Regierung bereits kommende Woche ihre Finanzpläne vorlegen will, dürfte der frisch berufene Finanzminister Jeremy Hunt im Amt bleiben. Als Kandidaten für Kabinettsposten gelten zudem die Sunak-Unterstützer Dominic Raab, Stellvertreter des damaligen Premiers Boris Johnson, Mel Stride oder Victoria Atkins. Erwartet wird zudem, dass Sunak - anders als Truss - in einem Versuch, die Konservative Partei zu versöhnen, auch auf parteiinterne Kritiker setzen wird. Einen wichtigen Posten könnte Penny Mordaunt bekommen, die sich ebenfalls um das Premierminister-Amt beworben, aber nicht ausreichend Unterstützung in der Fraktion erhalten hatte.

Die frühere Staatssekretärin Atkins zeigte sich am Dienstag überzeugt, dass die Tories ihre Streitigkeiten beenden könnten. An der Parteibasis aber gibt es Kritik, weil Sunak ohne Abstimmung der Mitglieder ins Amt kommt. Die Opposition fordert Neuwahlen, was der künftige Premier aber bereits abgelehnt hat. In Umfragen liegen die Tories abgeschlagen hinter der größten Oppositionspartei Labour und dürften im Fall einer vorgezogenen Parlamentswahl etliche Mandate verlieren. Der Labour-Politiker Pat McFadden räumte ein, eine Neuwahl sei nun „weniger wahrscheinlich“.

Sunak hat einen beispiellosen Aufstieg hingelegt. 2015 erstmals ins Parlament gewählt, zieht er nur sieben Jahre später bereits in die Downing Street ein - so schnell ging es bei keinem Premierminister der jüngeren Geschichte. Allerdings musste der verheiratete Vater zweier Töchter einige Hindernisse meistern. So wurde er in der „Partygate“-Affäre um Lockdown-Feiern in der Downing Street wegen Bruchs der Corona-Regeln zu einer Geldstrafe verdonnert. Für Kritik sorgte auch, dass Sunak als Regierungsmitglied jahrelang eine Green Card für die USA hielt und seine wohlhabende Ehefrau Akshata Murty dank eines legalen Schlupflochs Millionen Pfund Steuern sparte.

(dpa)