Tsunami-Alarm per Fax und Mail

Mittelmeer-Anrainer testen das neue System erstmals.

Istanbul. Die Katastrophe kam nach Weihnachten. Am 28. Dezember 1908 zerstörte eine zwölf Meter hohe Flutwelle nach einem schweren Erdbeben die Region um das süditalienische Messina, fast 90 000 Menschen starben. Im Mittelmeerraum sind Tsunamis eine Jahrtausende alte Bedrohung — 1500 Jahre vor Christus soll ein Vulkanausbruch auf der Ägäisinsel Santorini einen 35 Meter hohen Tsunami ausgelöst haben.

Nach langwieriger Vorbereitung wollen 31 Staaten der Region nun ein Frühwarnsystem in Aktion treten lassen. Heute wird es erstmals getestet. Gemessen an den dramatischen Ereignissen der Vergangenheit ist der bevorstehende Test reichlich unspekatkulär. „Keine große Sache“, sagt Öcal Necmioglu, der für den Tsunami-Test verantwortliche Wissenschaftler der Erdbebenwarte der türkischen Metropole Istanbul: „Wir schicken eine Meldung.“ Per Mail, Fax und über das Globale Kommunikationssystem der Meteorologischen Organisation der Uno wird die Botschaft verschickt.

Die Adressaten sollen sich so bald wie möglich nach Eingang der Botschaft melden. Damit soll festgestellt werden, ob der Informationsfluss im Ernstfall schnell und sicher funktioniert, so dass Evakuierungen eingeleitet werden könnten. Das Mittelmeer-Warnsystem war nach dem schweren Seebeben in Südostasien Ende 2004 mit seinen mehr als 200 000 Todesopfern unter dem Dach der Uno eingerichtet worden, doch sorgten Differenzen zwischen den Teilnehmerstaaten dafür, dass lange Zeit nur wenig Konkretes geschah.

An dem System sind nicht nur unmittelbare Mittelmeer-Anrainer beteiligt, sondern auch Staaten des „Nordost-Atlantik und angrenzender Meere“. Tsunamis nach schweren Seebeben wandern über Hunderte von Kilometern. Auch Beben und Tsunamis im Ost-Atlantik, wie jene, die 1755 Lissabon in Schutt und Asche legten, stellen eine Gefahr bis zur Türkei und Zypern dar.

Deshalb werden auch Forscher in Großbritannien, Deutschland, Russland und Norwegen heute Nachmittag eine Nachricht aus Istanbul erhalten. Die Reichweite des Systems spannt sich von den Kapverdischen Inseln bis Schweden und von Israel bis Estland. Ähnliche Tsunami-Frühwarnsysteme gibt es bereits für den Pazifik, den Indischen Ozean und die Karibik.