Udo Wachtveitl im Interview: Wir sind kein Zwillingspaar
Udo Wachtveitl über 60 Folgen „Tatort“, warum Leitmayr nicht sterben darf und was ihn an Miro Nemec stört.
München. Sie sind die fleißigsten „Tatort“-Kommissare: Die Münchner Ivo Batic und Franz Leitmayr haben mehr Fälle gelöst als alle anderen „Tatort“-Ermittler. Am Sonntag (20.15 Uhr, ARD) ermittelt das von Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl gespielte Duo zum 60. Mal.
Herr Wachtveitl, wann haben Sie zum letzten Mal ans Aufhören gedacht?
Udo Wachtveitl: Jedes Mal, wenn ich für die Dreharbeiten in der Früh aufstehen muss — ab elf Uhr geht’s dann wieder.
Und wann soll es zu Ende gehen — und wie?
Wachtveitl: Also, ich habe fürs Ende schon eine gute Idee, die verrate ich natürlich nicht. Leitmayr wird auf keinen Fall erschossen, etwas Tragisches passt bei uns nicht, sondern es wird einen fröhlichen Ausstieg geben. Aber es gibt keinen konkreten Abschiedstermin — es gibt einfach keinen Grund aufzuhören. Die Sache ist insgesamt gut, die Bücher sind immer gut, und es ist erstaunlich, wie viele Leute mich ansprechen und mir sagen, dass der „Tatort“ so ziemlich das Einzige ist, was man schauen kann, und sie die Münchner Fälle mögen.
Ihr erster Einsatz als Leitmayr lief 1991. Werden Sie eigentlich wehmütig, wenn Sie sich in den alten Folgen sehen?
Wachtveitl: Wenn ich sehe, dass ich damals den ein oder anderen Spurt schneller hingelegt habe als heute, werde ich schon wehmütig. Aber auch demütig.
Wieso denn?
Wachtveitl: Ich schaue mir die ersten Folgen sehr kritisch an und denke mir: Meine Güte, wie hab ich denn damals gespielt? Man freut sich als junger Schauspieler, wenn man in diese Riege der „Tatort“-Kommissare aufgenommen wird. Und heute sehe ich, dass mein Spiel damals manchmal viel zu angestrengt war, weil man natürlich versucht, diese große Kommissarsjacke auszufüllen.
Was stimmt an der Legende, Sie und Herr Nemec hätten sich beim gemeinsamen Vorsprechen für Konkurrenten gehalten?
Wachtveitl: Die ist wahr. Damals waren wir vom klassischen Rollenverständnis ausgegangen, dass ein gepflegter älterer Chef einen jungen Assistenten braucht, und wir dachten, die hätten Miro und mich beide in denselben Biergarten eingeladen und wollten vielleicht mal sehen, wer sich von uns beiden lustiger als Zirkuspferd geriert.
Das wäre unfein gewesen . . .
Wachtveitl: Ja, das fand ich unmöglich, das wollte ich eigentlich auch boykottieren. Dass es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch ging, war nicht bei uns angekommen. Deshalb war es anfangs etwas angespannt, bis herauskam, wie die Sache tatsächlich lag.
Wie dick sind Sie befreundet?
Wachtveitl: Wir sind wirklich ganz verschiedene Typen. Wir sind kein Zwillingspaar, wir verfolgen unterschiedliche berufliche Richtlinien. Miro taucht durchaus manchmal in Sachen auf, von denen ich mir wünschen würde, er würde sie nicht machen, wie seine Gastrolle im „Traumhotel“. Aber wir respektieren und schätzen uns, sonst könnte man das nicht so lange aushalten. Wir sind zusammen in Urlaub gefahren zu seinen lustigen Tanten nach Kroatien.
Über das Privatleben der Kommissare weiß man wenig. Warum ist das so?
Wachtveitl: Das hat sicher damit zu tun, dass die Kommissare auch Projektionsflächen fürs Publikum sind. Batic und Leitmayr sind eben die einsamen Wölfe: Tapfer, aber das Privatleben ist ein bisschen traurig (lacht). Zwei, die sachlich ihren Fall lösen und danach in ihre von einer trüben Energiesparlampe beleuchtete Zweizimmerwohnung gehen — so kann sich das der Zuschauer vorstellen. Aber ist es nicht beim klassischen Kommissar immer so, dass er nur für den Fall auftaucht und dann wieder verschwindet?