Unglücklich per Tippschein
Vor einem Jahr hat John Noakes Millionen Euro im Lotto gewonnen. Nun ist er seine Freunde los und muss Streit in der Familie schlichten.
London. Geld macht nicht glücklich — alle wissen das, aber niemand glaubt es. Auch John Noakes, Lottogewinner aus dem britischen Örtchen Corby, hat diese Einsicht erst spät akzeptiert. Vier Millionen Euro machen ihn seit einem Jahr so unglücklich, dass er jetzt überlegt, seine Heimat zu verlassen und ein neues Leben in der Ferne zu beginnen.
Von Noakes’ Volltreffer kann man nur träumen: 2012 knackte der Busfahrer mit elf Kollegen den Lotto-Jackpot. Bis dahin hatte der redselige Kumpel-Typ die Linie 5 vom Stadtzentrum zum Supermarkt auf die grüne Wiese gesteuert, tagein, tagaus.
Bei umgerechnet 23 000 Euro Jahreslohn musste Noakes rechnen, um über die Runden zu kommen. Als seine Kollegen ihn an jenem Freudentag anfunkten und den Lottogewinn durchgaben, tat der 49-Jährige, was wohl viele tun würden: Er brachte die Linie 5 zurück ins Depot, drehte den Schlüssel um und reichte die Kündigung ein. Corbys Busflotte fehlten über Nacht zwölf Fahrer.
Heute ist Noakes sich gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich der schönste Tag in seinem Leben war. „Manchmal wünschte ich, ich hätte nie im Lotto gewonnen“, klagt er nun gegenüber britischen Medien. Freunde haben sich von ihm abgewandt, weil es ihnen schwerfällt, einen ehemaligen Leidensgenossen zu treffen, der das große Los gezogen hat. „Dabei habe ich mich überhaupt nicht verändert“, sagt Noakes.
Ein bisschen was gegönnt hat er sich anfangs schon. Die 46 Millionen Euro wurden mit Schampus begossen und aufgeteilt. Noakes kam im glänzend-neuen Anzug zur Party. Seinen Nissan Primera hat er eingetauscht gegen einen schicken, silbergrauen Aston Martin. Allerdings gebraucht. Noakes rechnet ja noch immer: „Einen Neuwagen würde ich mir wegen des Wertverlustes nie kaufen“, sagt er. „Meine Klamotten hole ich nicht in Designerläden, sondern im Schlussverkauf.“
Es ist die Gier der anderen, die dem Busfahrer seine vier Millionen madigmachen. In dem Städtchen bittet ihn ständig jemand um Geld. Auch im Familienkreis bringen ihm die Millionen nichts als Ärger. „Es war unmöglich, alle Verwandten gleich fair zu bedenken“, sagt er. Statt Dankbarkeit gab’s nur Streit. Am meisten trauert der unglückliche Glückspilz seinem Job hinterher.
Während der Olympischen Spiele 2012 wollte er in London freiwillig aushelfen, doch seine ehemalige Firma ließ ihn abblitzen: Auf Noakes Dienste, so hieß es, könne man nach dessen abrupter Kündigung sehr gut verzichten. Das tut weh — immerhin wurde er in seinem alten Leben mal mit den Titel „Busfahrer des Jahres“ ausgezeichnet.