US-Justiz: Suizid-Versuch vor der Giftspritze
Ein Mann wird wiederbelebt, damit er hingerichtet werden kann.
Summit County. Lawrence Reynolds (43) liegt bewusstlos in seiner Zelle: Es ist ein Suizid-Versuch. Doch Reynolds ist kein gewöhnlicher Häftling, sondern ein zum Tode verurteilter, der eigentlich gestern die Giftspritze erhalten hätte. Die Beamten des Staatsgefängnisses von Ohio, die Reynolds finden, haben keine Wahl: Sie müssen den Gefangenen wiederbeleben, damit der US-Bundesstaat das Todesurteil vollstrecken kann. Das hat Ohio klar geregelt: Niemand hat das Recht, sich durch den Freitod einer rechtskräftigen Verurteilung zum Tode zu entziehen.
Die Behörden vermuteten, dass der 43-Jährige eine Überdosis Tabletten eingenommen hat, um Selbstmord zu begehen. Inzwischen sei er in einem "stabilen Zustand" und bei Bewusstsein, heißt es. Man werde ihn nun wieder "aufpäppeln". Sieben Tage gibt der Gouverneur von Ohio, Ted Strickland, den Ärzten dafür. Denn genau um eine Woche hat er die Hinrichtung verschoben.
Reynolds wurde 1994 zum Tode verurteilt. Er soll seine 67-jährige Nachbarin Loretta Forster ermordet haben. Gail Hand, eine Enkelin der Getöteten, reagiert enttäuscht über die verschobene Hinrichtung. "Das ist ein Schock. Wir sind zutiefst frustriert. Über Reynolds, den Staat, über alles. Wir wollen dieses Kapitel nur zu Ende bringen."
Reynolds hatte zur Zeit seines Suizidversuchs unter Beobachtung gestanden, wie es in den letzten 72 Stunden vor einer Hinrichtung in US-Gefängnissen üblich ist. Daher prüft das Justizministerium nun, wie Reynolds der Suizidversuch gelingen konnte. Gefängnis-Reverend Ernie Sanders reagiert bestürzt, als er von dem Vorfall hört. "Ich glaube, er hatte Angst vor der Spritze. Ich habe viel Zeit mit ihm verbracht und glaube, er hat den Frieden mit sich und dem Herrn gemacht und war bereit, nach Hause zu gehen."
Im vergangenen Oktober war im Staatsgefängnis die Hinrichtung von Romell Broom nach einem zweistündigen Martyrium und 18 Stichversuchen in seine Venen zunächst abgebrochen wurde. Anschließend legte Reynolds Einspruch gegen die Tötung mit der Giftspritze ein. Daraufhin setzte das Gericht seine Tötung bis gestern aus.
Staatsanwältin Sherri Bevan Walsh hat kein Verständnis dafür, dass sich Reynolds dieser Tötung entziehen wollte. "Am Vorabend der Gerechtigkeit hat er versucht, sich der gerechten Strafe zu entziehen."