US-Polygamie-Verfechter des Missbrauchs schuldig
San Francisco/San Angelo (dpa) - Der selbst erklärte Prophet Warren Jeffs ist von einer US-Jury wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig gesprochen worden.
Das Urteil gegen den 55-jährigen Anführer der polygamen Sekte „Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints“ erging am Donnerstag in der texanischen Stadt San Angelo. Die Anklage hielt Jeffs vor, dass er zwei Mädchen im Alter von 12 und 15 Jahren zu einer „spirituellen Heirat“ gezwungen habe. Die Ältere sei von ihm schwanger geworden.
Jeffs, der in dem Prozess als sein eigener Anwalt aufgetreten war, droht lebenslange Haft, berichtete die Zeitung „San Angelo Standard-Times“. Die Juroren, zehn Frauen und zwei Männer, müssen noch über die Länge der Haftstrafe entscheiden. Staatsanwalt Eric Nichols will Zahlen vorlegen, wonach Jeffs illegal 79 Frauen hatte, 24 davon minderjährig. Zudem soll er in 67 Fällen dabei geholfen haben, Ehen zwischen Mädchen und erwachsenen Männern zu schließen.
Während des neuntägigen Prozesses präsentierte die Anklage DNA-Beweise für Jeffs Vaterschaft sowie einen Ton-Mitschnitt von erzwungenem Sex mit einem seiner Opfer. Jeffs selbst rief als einzigen Zeugen ein Mitglied seiner Sekte auf, der die religiösen Überzeugungen der mormonischen Splittergruppe beschrieb. Jeffs verteidigte vor Gericht die Vielehe als Gottes Gebot, das man befolgen müsse.
Dem Sektenführer wurde eine halbe Stunde für sein Schlussplädoyer gewährt, Jeffs blickte dabei schweigend die Juroren an. Am Ende sagte er nur, dass er seinen Frieden gefunden habe, berichtete die „San Angelo Standard-Times“ weiter. Nach knapp vierstündigen Beratungen fällte die Jury das Schuldurteil.
Die Vorwürfe gegen Jeffs rührten von einer Polizeirazzia im Jahr 2008 auf dem Gelände einer Kolonie seiner Sekte nahe San Angelo. Mehr als 400 Kinder wurden von den Behörden vorübergehend in Obhut genommen. Elf erwachsene Sektenmitglieder wurden festgenommen, gegen sieben erging bereits ein Schuldurteil. Jeffs saß damals im Bundesstaat Arizona in Untersuchungshaft. Bei seiner Festnahme im Jahr 2006 stand sein Name bei der amerikanischen Bundespolizei FBI auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher.
Nach Angaben von Experten gibt es rund 10 000 Anhänger der Sekte, die meist an der Grenze zwischen Utah und Arizona leben. Die Gruppe hatte sich von der offiziellen Mormonen-Kirche getrennt, nachdem diese 1890 die Polygamie aufgegeben hatte. Die Vielweiberei wurde mit der Staatsgründung in Utah verboten, sie wird aber von strenggläubigen Splittergruppen noch praktiziert.