Vom Reiz kaiserlicher Unterhosen - Auktions-Hits
Wien (dpa) - Sie ist weiß, im Großen und Ganzen jedenfalls, beinlang und mit rot gesticktem Monogramm versehen: Eine Uniformunterhose des österreichischen Kaisers Franz Joseph (1830-1916) steht 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Mittelpunkt einer außergewöhnlichen Versteigerung im Wiener Auktionshaus Dorotheum.
Zahlreiche weitere Objekte, vorwiegend aus dem früheren Besitz des Hauses Habsburg, werden verkauft. Die Erwartungen sind hoch: „Einige Objekte gehen um ein Vielfaches des Schätzwertes weg“, sagt der Auktionsleiter Matthew Hagerty.
Unter den etwa 200 Objekten sind weitere Highlights: ein Trauertaschentuch beispielsweise, in das Kaiser Franz Joseph sich geschnäuzt habe, samt einer Visitenkarte des Leibkammerdieners Eugen Ketterl mit Bestätigung der Herkunft. Schätzpreis: 1000 bis 1500 Euro. Oder eine Locke des Dichters Friedrich Schiller für 2500 bis 4000 Euro.
Was bewegt Menschen dazu, Reliquien vergangener Zeiten zu erstehen? Unter den Interessenten seien viele Museen, Institutionen und Sammler, sagt der Historiker Georg Ludwigstorff, der die Objekte im Dorotheum betreut. Manche Privatleute wollten sich auch einfach nur den Hauch einer vergangenen Ära ins Haus holen - so wie Angela Haller, die aus London nach Wien gekommen ist. „Es tut gut, Gegenstände mit einer Vergangenheit zu besitzen“, sagt sie. „Sie strahlen eine gewisse Wärme aus.“
Hinter den teils skurrilen Einzelstücken steckt in jedem Fall penible Recherchearbeit. Die meisten Stücke stammen aus Nachlässen und Erbschaften. Der Nachweis, dass es sich tatsächlich um Originale handle, sei das Wichtigste, sagt Ludwigstorff. Oft lehne er Gegenstände ab, deren Herkunft sich nicht bestätigen lasse. „Selbst wenn ich persönlich glaube, dass sie echt sind.“
Ein Abzeichen der kaiserlichen Wäschekammer in der Unterhose bezeuge zum Beispiel, dass sie 1897 angeschafft wurde. „Sie wurde von Kaiser Franz Joseph getragen“, sagt Ludwigstorff. Schätzpreis: 2000 bis 3000 Euro. Am Hof sei es allerdings üblich gewesen, abgenutzte Kleidung an Bedienstete zu verschenken. Über Generationen sei die Hose dann weitervererbt worden. Wann sie zum letzten Mal gewaschen wurde? Das lässt sich nicht mehr nachvollziehen, sagt Ludwigstorff. „Wir verändern aber nichts an den Sachen, die wir bekommen, reparieren und restaurieren auch nichts.“
Im vergangenen Jahr wurden bei der Auktion rund 500 000 Euro umgesetzt. Gemessen am Gesamtumsatz des Dorotheums von etwa 152 Millionen Euro ist dies nur ein geringer Anteil. Bei 600 Auktionen pro Jahr von Comics bis zu Kunst gehört „Kaiserhaus und Historika“ dennoch eindeutig zu den finanziell lukrativen Einzelauktionen. Bei Erinnerungsstücken ohne echten materiellen Wert seien die veranschlagten Preise ohnehin eher grobe Schätzwerte.
Auch wenn es allem Anschein nach ein lohnendes Geschäft ist - wie groß der Markt für historische Erinnerungsstücke sei, lasse sich kaum beziffern, sagt Ludwigstorff. In der hausinternen Hitliste der vergangenen Jahre liege Kaiserin Elisabeth („Sisi“) eindeutig vorn: Ein Porträt von ihr habe mit rund 89 000 Euro den höchsten Verkaufspreis der letztjährigen Auktion erzielt. „Franz Joseph folgt erst dahinter.“