Vor 25 Jahren starb Bernhard Grzimek
Frankfurt/Main (dpa) - Wenn Christian Grzimek (52) seinen Namen nennt, wird er oft gefragt: „Ach, sind Sie verwandt?“ Christians Großvater Bernhard Grzimek, der am 13. März 1987 starb, gehört auch 25 Jahre nach seinem Tod noch immer zu den bekanntesten Deutschen.
Er gilt als Vorreiter für den internationalen Naturschutz. Mit seiner Fernsehsendung „Ein Platz für Tiere“ brachte er seit den 1950er Jahren drei Jahrzehnte lang wilde Tiere in Nahaufnahme in deutsche Wohnzimmer. Viele erinnern sich noch heute an die näselnde Begrüßung: „Guten Abend, meine lieben Freunde“ - und dann waren alle gespannt, welches Tier aus dem Frankfurter Zoo ihn dieses Mal ins Studio begleitete.
Bernhard Grzimek wurde am 24. April 1909 im oberschlesischen Neiße geboren. Schon als Kind habe sein Großvater Hühner im Garten der Mietwohnung seiner Eltern gehalten, erzählt Christian. Über die Hühnerhaltung habe er als Schüler die ersten Bücher geschrieben, später wurde er Tierarzt und beschäftigte sich mit Verhaltensforschung. 1945 übernahm er in Frankfurt die Leitung des zerstörten Zoos, den er wieder aufbaute und berühmt machte. Damals seien 3,5 Millionen Besucher pro Jahr gekommen, berichtet Enkel Christian - viele, weil sie hofften, „vielleicht sieht man ihn mal“.
Ein netter, harmloser Fernsehonkel war er aber nicht. In der Biografie von Claudia Sewig, „Bernhard Grzimek - Der Mann, der die Tiere liebte“, wird er als ungeheuer fleißig, streitbar und eitel beschrieben. Seine Popularität nutzte er geschickt für Kampagnen gegen das Robbenschlachten, die Jagd auf bedrohte Pelztiere oder die Käfighaltung von Hühnern. Gegen die Mode, Froschschenkel zu essen, ging er mit Aufklebern vor, die er in Restaurants auf die Speisekarten drückte. „Damit hat er sich nicht immer Freunde gemacht, es gab auch Lokalverbote“, erinnert sich Enkel Christian, der seit seinem elften Lebensjahr jedes Jahr zwei Wintermonate mit seinem Großvater auf Reisen ging und dafür von der Schule befreit wurde.
Grzimek habe den Naturschutz in die Moderne geführt, sagt Manfred Niekisch, Nachfolger Grzimeks als Direktor des Frankfurter Zoos und Professor für internationalen Naturschutz. „Insbesondere aber hat er es verstanden, die damals ganz neuen Massenmedien Film und Fernsehen für seine Zwecke und Ziele zu nutzen.“ Grzimek sammelte viele Millionen für seine Projekte in Afrika, vor allem für die Erhaltung des Nationalparks Serengeti in Tansania.
Für seinen 1959 entstandenen Film „Serengeti darf nicht sterben“ erhielt Grzimek 1960 einen Oscar. In Deutschland hatte die Filmbewertungsstelle Bedenken, den Streifen mit dem Prädikat „wertvoll“ zu versehen, heißt es in einer Würdigung der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF). Moniert wurde unter anderem der Satz: „Es wäre besser um die Welt bestellt, wenn die Menschen sich wie Löwen benähmen.“
Bei den Dreharbeiten kam Grzimeks Sohn Michael ums Leben - ein persönlicher Schicksalsschlag, den Grzimek nie verwand und an der seine Ehe mit seiner Frau Hildegard zerbrach, die er schon 1930 geheiratet hatte. 19 Jahre nach dem Tod seines Sohnes heiratete der inzwischen geschiedene Grzimek Michaels Witwe Erika. Die Biografin Sewig berichtet von zwei Kindern mit einer Geliebten, die Grzimek erst Jahrzehnte später kennenlernen. Ein Adoptivsohn habe sich nach Drogenproblemen das Leben genommen.
Äußerlich immer seriös und korrekt gekleidet, liebte Grzimek Scherzartikel, bisweilen war er richtig albern. Er legte Furzkissen und künstliche Hundehaufen aus und freute sich wie ein Kind, wenn er jemanden damit erschreckte. Während eines offiziellen Banketts in Simbabwe habe er plötzlich in seine Jackentasche gegriffen und seiner Tischnachbarin eine lebendige Gottesanbeterin in den Ausschnitt gesteckt, berichtete sein Mitarbeiter und Nachfolger in Afrika, Markus Borner. Die Frau fiel in Ohnmacht. Verziehen wurde ihm immer, und noch heute wird er in Afrika verehrt.
Bei einem Zirkusbesuch brach Grzimek in Frankfurt am 13. März 1987 im Alter von 77 Jahren tot zusammen. Seinem Wunsch gemäß wurde die Urne mit seiner Asche neben dem Grab seines Sohnes Michael im Ngorongoro-Krater in Tansania beigesetzt. Zur Trauerfeier kamen hohe Würdenträger mit der tansanischen Ministerin Gertrude Mongella an der Spitze. Seine Bild-Agentur „Okapia“, die Grzimek zusammen mit seinem Sohn Michael 1954 als Produktionsfirma für Dokumentarfilme gründete, führt sein Enkel Christian weiter.