Vor 40 Jahren wurde das World Trade Center eröffnet

New York (dpa) - Die Türme sind noch da. Irgendwie. Überall in New York ragen sie in den Himmel empor, ob auf den Bemalungen von Feuerwehrwagen, im Rückfenster eines Taxis, auf kunstvoll besprayten Bauhelmen oder auf Tausenden Aufklebern, Fahnen und T-Shirts.

Das World Trade Center hat die New Yorker nie verlassen, obwohl es vor nun fast zwölf Jahren zerstört wurden. Dabei standen die Türme nur 28 Jahre. Doch der Streit um ihren Bau und die Tragödie ihrer Zerstörung haben tiefe Spuren - und tiefe Narben - hinterlassen.

Wer einst am World Trade Center durch die Schluchten Südmanhattans ging, mag kaum glauben, dass das „WTC“ eine Art Entwicklungshilfe war. Midtown, die Gegend um Empire State Building, Times Square und Grand Central, hatte dem Süden der Insel den Rang abgelaufen. Schon in den 1940er Jahren gab es die Idee, das Bankenviertel mit einem Großbau am East River wieder aufzumöbeln. Als man den Plan nach Westen rückte, machte auch das benachbarte New Jersey mit.

Als Architekt wurde Minoru Yamasaki ausgesucht. Der Amerikaner wollte die Zwillingstürme 80 Stockwerke hoch bauen, doch die Hafenbehörde von New York und New Jersey wollte mehr: 110 Stockwerke. Yamasaki befürchtete, dass er dann zuviel Platz für Aufzugsschächte verschenken müsste. Die Lösung lag unter der Erde: So wie es bei der New Yorker U-Bahn „local“ und „express trains“ gibt, sollten auch in den Türmen einige Fahrstühle schnell nach oben und unten schießen, andere auf jedem Stockwerk halten. Die meisten Menschen mussten so umsteigen und mehrere der insgesamt 95 Aufzüge nutzen.

Man mag es nicht glauben, aber das damals höchste Gebäude der Welt baute ausgerechnet ein Mann mit Höhenangst. Deshalb verpasste Yamasaki den Türmen schmale, innen verbaute Fenster, knapp einen halben Meter breit. Seinem Vorbild Le Corbusier entsprechend entwarf er die Türme schmucklos, der Grundriss ist ein Quadrat von 63 Metern Kantenlänge. In den Sockel kamen aber doch noch gotische Elemente.

Anders als das Empire State Building wurde das World Trade Center sehr modern gebaut. Gemauerte Wände und mächtige Pfeiler gab es nicht, stattdessen sollte die Außenhaut dem Gebäude ausreichend Stabilität geben. Schließlich stand es auf felsigem Untergrund und was sollte dem Gebäude schon Schlimmes widerfahren?

Es gab viel Kritik vor und nach der Eröffnung am 4. April 1973. Der Superbau ziehe die Preise in dem Viertel nach oben, außerdem habe New York schon genug Bürofläche. Stimmt, jahrelang war das WTC nicht ausgebucht. Und trotzdem wurde noch dazugebaut. Sieben große Gebäude gehörten letztlich zum World Trade Center, wenn auch die beiden Türme alles überragten. Der Blick vom 400 Meter hohen Restaurant im Nordturm und dem Aussichtsdeck auf dem Südturm war atemberaubend - wenn nicht gerade Wolken zu Füßen der Besucher die Sicht versperrten. 50 000 Menschen arbeiteten in dem Gebäude, das eine eigene Postleitzahl hatte. Hinzu kamen 200 000 Touristen täglich.

Und was hat das Bauwerk nicht alles in seinem kurzen Leben erlebt. Stuntmen kletterten an der Fassade hoch. Ein Hochseilartist spazierte von einem zum anderen Turm in 400 Meter Höhe. Banditen klauten Millionen aus der Bank im elften Stock. Und Terroristen versuchten, das Symbol von Freiheit und Marktwirtschaft zu sprengen: zwei Mal. Der erste Versuch kostete sechs Menschen das Leben, der zweite 2753.

Fast 3000 Namen stehen jetzt auf den Rändern der beiden quadratischen Wasserbecken, da wo einst die Türme standen. Eigentlich sind noch einige Menschen mehr gestorben, Babys die damals noch gar nicht geboren waren. „...und ihr ungeborenes Kind“ steht immer wieder hinter dem Namen einer Frau.

Hinter den Becken erhebt sich 1WTC, das neue World Trade Center. Noch haben die New Yorker keine rechte Beziehung zu dem Riesenbau. Warum auch? Der Alte ist ja noch da. Irgendwie.