Was macht George Clooney so unwiderstehlich?
London (dpa) - Die Augenbraue zuckt kurz nach oben, um den Mund deutet sich ein Lächeln an - und George Clooney hat schon gewonnen. Das Publikum schmunzelt und hängt sich an die Lippen des ergrauten, 50 Jahre alten Herren da vorne auf der Bühne.
Selbst im Promi-verwöhnten London schaffte es der Schauspieler zum Filmfest in dieser Woche problemlos, mit seiner puren Anwesenheit zweimal hintereinander einen ganzen Kinosaal mit Reportern zu füllen. Am roten Teppich vor der Tür harrten Hunderte Menschen teils seit dem frühen Morgen an aus, um ihn zu erblicken. George Clooney ist ein Phänomen. Was ist an diesem Mann so faszinierend?
Er ist kein schlechter Schauspieler, hat ein gutes Händchen für Filmstoffe, und sieht je nach Geschmack durchaus ansprechend aus. Doch warum schafft er es nicht nur auf die Listen der attraktivsten Männer, sondern tauchte gleichzeitig bislang viermal auf der „Times“-Aufstellung der hundert einflussreichsten Menschen der Welt auf? Vielleicht ist es eine Kombination: Charme, eine ernsthaft zufriedene Ausstrahlung, und die Fähigkeit, die Leute zu überzeugen, dass er mit Hilfe seines Ruhms die Welt tatsächlich ein bisschen besser machen will.
„Ich habe ein wirklich gutes Leben“, sagt Clooney. „Erfolg hat nicht viel mit einem selber zu tun, sondern ganz viel mit Glück.“ Das habe er schlichtweg gehabt. Eine Plattitüde, aber man nimmt sie ihm irgendwie ab. „Ich bin sehr zufrieden“, ist in London die Zusammenfassung auf die Frage, wie er sich in seinem 50. Lebensjahr fühlt. In Jeans, T-Shirt und Lederjacke gekleidet, lehnt er sich entspannt in seinem Sitz zurück. Alle Augen blicken auf ihn.
Clooney ist ein Hollywood-Megastar, doch in den vergangenen Jahren hat er statt in Blockbustern eher in Kritikerlieblingen gespielt - vielleicht ein weiterer Aspekt für eine Erklärung seiner derzeit scheinbar universellen Beliebtheit. Im US-Bundesstaat Kentucky als Sohn eines Showmasters geboren, lief es mit der Schauspielkarriere lange nicht so gut. Erst in den 1990er Jahren stieg er mit der Krankenhausserie „Emergency Room“ zum „Sexiest Man“ auf, es folgten Kassenknüller wie „Batman und Robin“.
Doch schon seit 2000 verlegte er sich schrittweise auf kleinere, ungewöhnliche Projekte. Er thematisierte den Golfkrieg und den Kalten Krieg, nach „Good Night, and Good Luck“ und „Syriana“ wurde er als Wegbereiter für eine Wiederauferstehung des politischen Kinos in Hollywood gefeiert. Parallel setzte sich der bekennende Demokrat für eine Lösung des Darfur-Konfliktes ein, wurde UN-Friedensbotschafter, sammelte Spenden für Opfer von Naturkatastrophen, und unterstützte den Wahlkampf von US-Präsident Barack Obama.
„Ich habe die Möglichkeit, mich einzumischen, wenn ich möchte. Ich bin froh, das tun zu können“, sagte er in London, versicherte aber, er selber wolle auf keinen Fall in die Politik. Er wolle so lange es gehe weiter Filme machen, und in Zukunft seine Arbeit als Regisseur ausbauen. Wie ist er von den Blockbustern zu den stilleren Filmen gekommen? „Ich mache meine Entscheidung für eine Rolle heute von zwei Dingen abhängig: Einem guten Drehbuch, und einem guten Regisseur. Ich habe über die Zeit gelernt, dass ich dafür verantwortlich bin, gute Rollen zu spielen.“
Dass er sich auf keinen Fall auf die Rolle des Herzensbrechers festlegen lassen will, macht Clooney jedenfalls in den kommenden Monaten erneut deutlich. Am 22. Dezember läuft in Deutschland das Politdrama „Die Iden des März“ an. Am 26. Januar 2012 folgt mit „The Descendants“ eine Tragikkomödie über einen Vater, der nach einem schweren Unfall seiner Frau die eigenen Kinder ganz neu kennenlernt. Und wann kommt endlich ein Oscar für den Besten Hauptdarsteller? Ein verschmitztes Lächeln, die Augenbraue hebt sich: „Das wird schon werden, denken Sie nicht?“