Missbrauchsvorwürfe Weitere Frauen erheben massive Vorwürfe gegen Wedel
In der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ werden neue Vorwürfe gegen Top-Regisseur Wedel bekannt. Die zitierten Frauen sprechen von Schikane und sexuellen Übergriffen. Wedel selbst schweigt dazu - er hatte alle bisherigen Vorwürfe zurückgewiesen.
Hamburg/Bad Hersfeld. Weitere Frauen haben in der „Zeit“ dem Regisseur Dieter Wedel teils lange zurückliegende sexuelle Übergriffe und Schikanen vorgeworfen. Man habe dem 75-Jährigen daraufhin Gelegenheit zur Stellungnahme zu den neuen Vorwürfen gegeben, schreibt die Wochenzeitung in ihrer neuen Dossier-Ausgabe. Wedels Anwalt habe jedoch am Montagmittag darauf verwiesen, dass sein Mandant aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage sei.
Am Montag war bekanntgeworden, dass Wedel mit Herzbeschwerden im Krankenhaus liegt. Am selben Tag trat er als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele zurück. In einer Stellungnahme sprach er von einer „diffamierenden Diskussion“ um seine Person und kündigte an, sich nicht mehr öffentlich äußern zu wollen. Er verabscheue jede Form von Gewalt gegen Männer und Frauen. Wedels Anwalt Michael Philippi sagte der ARD-„Tagesschau“ am Mittwoch, er halte die Berichterstattung der „Zeit“ für unzulässig. Einige Zeugen seien nicht mehr am Leben, außerdem könne Wedel wegen seiner Gesundheitsprobleme derzeit nicht Stellung beziehen. „Das halte ich ethisch nicht für verantwortbar, und ich halte es zudem auch rechtlich für unzulässig.“
Im aktuellen „Zeit“-Dossier erheben die Frauen Vorwürfe gegen Wedel, die von Schikane über Belästigung bis zur Vergewaltigung reichen. So beschreibt die Schauspielerin Esther Gemsch einen Vergewaltigungsversuch, bei dem Wedel sie 1980 gewürgt und verletzt haben soll. Wegen der dabei erlittenen Verletzungen habe sie damals die Dreharbeiten für den Mehrteiler „Bretter, die die Welt bedeuten“ abbrechen müssen. Die heute 61-jährige Gemsch hat laut „Zeit“ eine eidesstattliche Versicherung zu ihren Äußerungen abgegeben. Der Saarländische Rundfunk, in dessen Auftrag die Dreharbeiten damals liefen, kündigte in der „Tagesschau“ eine Untersuchung an.
Eine weitere, heute 74-jährige Schauspielerin schilderte anonym, sie sei 1975 von Wedel in einem Wald vergewaltigt worden. Die Schauspielerin Ute Christensen, die ebenfalls eine eidesstattliche Versicherung abgab, berichtete von Demütigungen und Mobbing, die bei Dreharbeiten 1981 von Wedel ausgegangen seien. Sie sei damals schwanger gewesen, habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und im vierten Monat ihr ungeborenes Kind verloren.
Bereits Anfang Januar hatten drei Ex-Schauspielerinnen Wedel beschuldigt, er habe sie in den 90er Jahren sexuell bedrängt. Wedel hatte diese Vorwürfe per eidesstattlicher Erklärung zurückgewiesen.
Wegen eines Falls im Sommer 1996, bei dem Wedel eine der Frauen zum Sex in einem Münchner Hotel gezwungen haben soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft München. Es gehe um den Anfangsverdacht einer Sexualstraftat. Wegen einer relativ neuen Änderung des Strafgesetzbuches ist die Wedel vorgeworfene Tat noch nicht verjährt.
Wedels Ex-Partnerin Ingrid Steeger (70, „Klimbim“) hatte zuvor den Regisseur gegen Vorwürfe wegen angeblicher sexueller Übergriffe verteidigt. Wedel sei unschuldig, sagte die Schauspielerin der Münchner „Abendzeitung“ (Mittwoch). „Er hat es nicht nötig, Frauen zu vergewaltigen, die werfen sich ihm eh alle zu Füßen.“ Sie selbst habe das oft miterlebt - „die waren total offensiv, flirteten mit ihm heftig in meiner Anwesenheit und haben sich an ihn rangeschmissen“. Es gebe zig Schauspielerinnen, die sich nach oben geschlafen hätten. Steeger sprach von „Rufmord“.
Wedel war mit TV-Produktionen wie „Der große Bellheim“, „Der König von St. Pauli“ oder „Der Schattenmann“ in den 80er und 90er Jahren sehr erfolgreich gewesen. Zuletzt hatte er gut drei Jahre lang die Bad Hersfelder Festspiele geleitet. Wedel schrieb in der am Montag veröffentlichten persönlichen Erklärung zu seinem Rücktritt, die Anfeindungen gegen ihn hätten „ein für meine Gesundheit und natürlich auch für meine Familie erträgliches Maß weit überschritten“. dpa