Weltuntergang: Feiern zum neuen Maya-Zeitalter

Manche erhofften Rettung von Außerirdischen, andere machten aus dem Endzeit-Hype ein Geschäft. Der Weltuntergang fiel am 21. Dezember aus. Stattdessen gab das neue Maya-Zeitalter Anlass zum Feiern und zu esoterischen Experimenten.

Chichén Itzá/Guatemala-Stadt (dpa) - Statt Weltuntergang gab's Party: Fröhlich, humorvoll, aber auch besinnlich haben viele Menschen rund um den Globus den Beginn eines neuen Maya-Zeitalters begangen. Im Südosten Mexikos strömten am Freitag schon in der Nacht Hunderte Menschen zur Maya-Ruinenstätte Chichén Itzá, um bei Sonnenaufgang den Anbruch einer neuen Ära zu feiern. „Ich bin froh, das hier miterleben zu dürfen und neue Energie tanken zu können“, sagte eine Urlauberin aus den USA der Nachrichtenagentur dpa. Auch anderswo auf der Erde setzte der 21.12. 2012 viel Fantasie frei: Es ging um Apokalypse, Außerirdische und gute Geschäfte mit dem Endzeit-Hype.

Seit Jahrzehnten hatten Apokalyptiker diesem Datum entgegengefiebert, an dem nach 5200 Jahren ein Maya-Zeitalter zu Ende ging. Einige glaubten, etwas Außerordentliches passiere, womöglich der Weltuntergang. Der fiel - wie alle ernsthaften Experten vorausgesagt hatten - aus. In Frankreich blieb das Dorf Bugarach an einem sagenumwobenen Berg dennoch gesperrt. In Deutschland waren verschiedene Veranstaltungen geplant. Manche Medien betrieben im Internet - nicht ganz ernst gemeinte - Liveticker zum Weltuntergang.

In Chichén Itzá kamen viele Einheimische und Touristen barfuß, in weißer Kleidung und mit einer Kerze in der Hand. Maya-Indios mit Kopfschmuck und Lendenschurz versammelten sich ebenfalls in der Ruinenstadt, um mit spirituellen Tänzen die 13. Periode ihres Kalenders zu verabschieden. „Ich hoffe, es wird nichts geschehen. Morgen werden wir vermutlich am Strand liegen und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen“, sagte Antje, eine Touristin aus Berlin, die schon am Vortag nach Chichén Itzá gekommen war.

Der Maya-Schamane Ac Tah führte in Chichén Itzá eine Gruppe von 60 Menschen aus verschiedenen Ländern an, die mit der angeblich vorhandenen Energie des Zeitwandels in der archäologischen Stätte eine „neuronale Vernetzung der Menschheit“ bewirken wollten.

Die Verantwortlichen der imposanten Stätte auf der Halbinsel Yucatán hatten die Zugänge zu dem Gelände schon zwei Stunden früher als sonst geöffnet. In Ek Balam, wo die Maya-Pyramide der Unterwelt steht, versammelten sich rund 2000 Maya-Geistliche, um gemeinsam den Sonnenaufgang zu erleben. In Mérida, der Hauptstadt des Bundesstaates Yucatán, wurde dagegen heftig auf den Straßen und in Bars gefeiert.

In Guatemala, wo mehr als die Hälfte der rund 14 Millionen Einwohner von den Maya abstammt, begrüßte Präsident Otto Pérez das neue Zeitalter in der Pyramiden-Stadt Tikal. Dort feierten die Maya-Ältesten mit den ersten Sonnenstrahlen eine traditionelle Zeremonie rund um ein „heiliges Feuer“. In mehreren Maya-Dialekten hießen sie die neue Ära willkommen.

Kritische Stimmen der Indio-Bevölkerung sprachen sich gegen die Vereinnahmung der Maya-Traditionen für politische und wirtschaftliche Zwecke aus. Die Feiern seien sensationsgierig organisiert worden, beklagte die guatemaltekische Friedensnobelpreisträgerin und Maya-Vertreterin Rigoberta Menchú.

Tausende von Anhängern der mexikanischen Rebellengruppe Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) marschierten am Freitag durch San Cristóbal de las Casas, Las Margaritas und Ocosingo, im Bundesstaat Chiapas, wo Anfang 1994 die schwersten Kämpfe des Indio-Aufstandes stattfanden. Die Demonstration wurde als Kraftprobe des EZLN der neuen mexikanischen Regierung gegenüber bewertet. Staatschef Enrique Peña Nieto hatte bei seiner Amtsübernahme vor zwei Wochen die vorwiegend Maya-stämmigen Rebellen zum Frieden aufgerufen.

Das südfranzösische Dorf Bugarach überstand den Beginn des vermeintlichen Weltuntergangstages unbeschadet. Für die Nacht hatte der zuständige Präfekt vorsorglich zwei Rave-Partys in der Nähe verboten. Um die knapp 200 Einwohner zählende Gemeinde an den Pyrenäen war eine Sperrzone errichtet. Seit einigen Jahren kursiert die Theorie, vom 1230 Meter hohen Pic de Bugarach würden Außerirdische am vermeintlichen Tag der Apokalypse mit Raumschiffen ins rettende All starten.

Auch in Belize, Honduras und El Salvador gab es etliche Veranstaltungen zum neuen Maya-Zeitalter. In Bolivien veranstaltete Staatschef Evo Morales eine Zeremonie auf der Sonneninsel des Titicaca-Sees, bei dem ein rituelles Mahl mit Lama-Fleisch und Quinoa serviert wurde. In Deutschland sollte am Abend in Dresden unter anderem mit dem Philosophen Peter Sloterdijk über das Thema Apokalypse gesprochen werden - in der Universitäts- und Landesbibliothek, die eine wertvolle Maya-Handschrift besitzt.

Der Generaldirektor der Sächsischen Landesbibliothek, Thomas Bürger, bezeichnete den „Weltuntergangs-Hype“ um den 21. Dezember im Deutschlandradio Kultur als Chance, die Maya-Kultur mehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

In China nutzten Staatsmedien die Gerüchte über den Weltuntergang, um mehr Zensur im ohnehin streng überwachten Internet zu fordern. „Nur Regulierung kann das Netz sicherer machen“, schrieb das kommunistische Parteiorgan „Volkszeitung“ („Renmin Ribao“). Die Gerüchte hätten „Individuen, der Gesellschaft und der Nation“ Schaden zugefügt. Auch andere Blätter schlossen sich dem Appell an.