Schulferien Wenn Eltern die Ferien verlängern: Immer mehr Bußgelder in NRW
Mit der Schulpflicht nehmen es viele Eltern kurz vor den Ferien nicht mehr ganz so genau. Sie verlängern den Urlaub, denn wer früher fährt, kann Staus umgehen oder bei den Flügen sparen. Das Bußgeld riskieren viele. Die Eltern schieben den Schwarzen Peter der Politik zu.
Düsseldorf (dpa) - Billigere Flugtickets, weniger Staus, vielleicht auch bessere Hotelangebote: viele Eltern verlängern die Schulferien ihrer Kinder, obwohl sie das nicht dürfen. Die Zahl der Bußgeldverfahren wegen illegaler Ferienverlängerung ist in fast allen fünf Regierungsbezirken über die vergangenen drei Jahre gestiegen, wie Statistiken der Schulaufsichten bei den zuständigen Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen ergeben haben.
Die Eltern haben eine einfache Erklärung für das massenhafte Schulschwänzen: Lehrer seien kurz vor den Ferien oft urlaubsreif, im Unterricht sei die Luft deshalb meistens raus. Richtig sei diese Einstellung allerdings keineswegs, mahnt Regine Schwarzhof, die Vorsitzende des Elternvereins NRW.
Das sehen naturgemäß auch die Lehrer so: „Die Schulpflicht besteht bis zum letzten Tag des Schuljahres. Und wer dagegen verstößt, der muss geahndet werden, ganz einfach“, sagt Udo Beckmann, der NRW-Landes- und Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). Das Phänomen der Schummel-Ferien sei aber „nach wie vor in großem Umfang vorhanden“.
Laut Statistik stiegen die Fälle bei der Düsseldorfer Schulaufsicht zuletzt von 218 auf 284 (2015). In Arnsberg musste die Schulaufsicht im vergangenen Jahr 268 Bescheide verschicken, 2013 waren es nur 192. Bei der Bezirksregierung Münster fällt die Zahl der Verfahren zwar deutlich niedriger aus. Aber auch hier geht die Kurve nach oben: Waren es 2013 noch 40 Verfahren, stieg die Zahl 2015 auf 52.
In Köln gibt es pro Jahr 1100 Bußgeldverfahren, weil Kinder nicht in der Schule erscheinen. Nach Angaben eines Sprechers werden die verbotenen Ferienverlängerungen dabei nicht extra ausgewiesen. Die Behörde schätzt den Anteil der Kurzzeitschwänzer auf 25 bis 30 Prozent. Pro Jahr seien das bis zu 330 Fälle.
Im kleinsten Bezirk in Detmold gibt es pro Jahr nur eine Handvoll Verfahren. Laut Angaben einer Sprecherin hat die Zahl im vergangenen Jahr leicht zugenommen.
Auch die Elternvereins-Vorsitzende Schwarzhof kennt den Trend: „Das ist auch unsere Beobachtung“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Die Lehrer seien belastet und urlaubsreif, sie schalteten in den letzten Stunden vor Ferienbeginn „auf eine gemütlichere Gangart“. „Eltern kriegen von ihren Kindern vermittelt, das in der Schule nichts Wichtiges mehr passiere.“ Die Eltern hätten dann weniger Bedenken - und verletzten dann zunehmend die Schulpflicht. Die Dunkelziffer sei deutlich höher als es die Statistiken vermuten ließen: „Die wenigsten Schulen leiten Bußgeldverfahren ein, denn das ist wahnsinnig mühsam und die Lehrer sind bereits belastet genug.“
Deshalb liege die Schuld auch keineswegs nur bei den Eltern, die durch ihr Vorgehen stets ein schlechtes Vorbild für ihre Kinder abgäben, sagte Schwarzhof. Vielmehr müsse die Landesregierung damit aufhören, alle Aufgaben „nach unten ins Lehrerzimmer“ zu delegieren. „Der vielleicht teils etwas eintönige Unterricht vor den Ferien ist auch eine Folge der Überbelastung der Lehrer. Und da hat nur das Ministerium die Stellschrauben.“
Keineswegs könne die Schuld einfach so den Lehrern zugeschoben werden, wehrt sich der VBE-Vorsitzende Beckmann. „Fakt ist, dass die Schulen bis zum letzten Schultag ein Unterrichtsangebot machen, mangels Notendruck am Ende meist Projektwochen.“ Auch diese seien allerdings Teil des Erziehungsauftrags. „Es ist ein falsches Signal der Eltern an ihre Kinder. Und es ist ein falsches Signal der Schulen, wenn sie das durchgehen lassen.“
Eltern, die die Ferien ihrer Kinder verlängern und somit die Schulpflicht missachten, müssen mit einem Bußgeld rechnen. Pro Kind und Elternteil werden pro Tag 80 Euro fällig. Nach Auskunft des Schulministeriums in Düsseldorf verstoßen die Eltern gegen das im Schulgesetz verankerte Beurlaubungsverbot unmittelbar vor und nach den Ferien. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel: Denn wer seine Kinder für Familienfeiern, Beerdigungen oder Sportwettkämpfe freistellen lassen will, kann das beantragen. Hier sieht das Gesetz ausdrücklich Ausnahmen vor.