Wer hält die NRW-SPD künftig zusammen?
Landeschef Michael Groschek gibt Posten im Juni ab. Eine Kommission soll Nachfolger suchen. Marc Herter bald Fraktionschef?
Düsseldorf. Es waren anstrengende Monate für Michael Groschek. Fast ist es ein schweißtreibendes ganzes Jahr gewesen. Denn seit die SPD in NRW bei der Landtagswahl im Mai 2017 einen harten Niederschlag eingesteckt hat, ist Groschek der Mann für alles. Seelenmasseur der Sozialdemokraten, Strippenzieher, Initiator, Unterhändler — schlicht Kapitän. Er hat Hannelore Kraft hinter seiner Partei gelassen und Martin Schulz die Hand gehalten, sie losgelassen, die SPD doch entschlossen in die Groko geführt — und zwei NRW-Frauen nach Berlin entsendet.
Groschek wusste immer um den Zeitgeist. Den kennt er auch jetzt. Seit gestern Abend ist klar, dass die SPD in NRW zu brachialer personeller Erneuerung strebt. Der 61-Jährige tritt auf dem nächsten SPD-Landesparteitag nicht wieder an. Zudem wird dieser Parteitag von September auf den 23. Juni in Bochum vorgezogen, dann im Ruhr-Congress. Schon dann soll ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt werden für den Oberhausener Groschek. Entschieden, so heißt es aus Kreisen der Partei, sei noch nichts. Vielmehr soll eine Findungskommission in den kommenden Wochen mögliche Kandidaten auswählen und ein Tableau zusammenstellen, das auf einer Klausurtagung des Landesvorstands befunden wird und laut Groschek vor allem zwei Attribute im Blick behält: weiblich und jung.
Nicht nur Groscheks Amt wird dann vakant sein: Schon vor einer Woche ist der SPD mit der neuen Bundesumweltministerin Svenja Schulze die Generalsekretärin abhanden gekommen, zudem werden weitere Kräfte aus dem SPD-Landesvorstand ausscheiden, sagte Groschek — ohne schon Namen zu nennen. Und auch die Fraktion der SPD im Landtag hat offene Posten zu vergeben: Fraktionschef Norbert Römer soll im Mai abgelöst werden, dann nach Informationen dieser Zeitung vom parlamentarischen Geschäftsführer der SPD, Marc Herter. Der 43-Jährige kommt aus Hamm und entstammt wie Römer dem mächtigen SPD-Landesbezirk Westliches Westfalen. Für den Posten als Parlamentarische Geschäftsführerin käme womöglich die Duisburger Landtagsabgeordnete Sarah Philipp (35) in Frage. Dieser Neuaufbau der SPD-Fraktion mit jungen Köpfen soll aber im Mai und damit vor dem Parteitag geklärt sein. Groschek übernehme in dieser Frage nur eine moderierende Funktion.
Offen allerdings sind die Posten in der Landespartei. Ob der ehemalige Justizminister Thomas Kutschaty (49) aus Essen eine Rolle in der Vorsitzfrage spielen wird, ist ebenso ungewiss wie die Frage, ob eine Frau zum Zuge kommt. Philipp könnte ihren Hut in den Ring werfen, denkbar ist auch eine Bewerbung von Svenja Schulze.
Groschek ist es wichtig, dass im künftigen Landesvorstand, in dem „sieben bis zehn“ Posten neu zu besetzen seien, Kräfte von der kommunalen, der Landes- und der Bundesebene vertreten sind. „Die Brücke zum Übergang ist gebaut“, sagte Groschek gestern gut gelaunt. Das vergangene Jahr sei so anstrengend wie eine komplette Legislaturperiode als Minister gewesen. Er sei „stolz wie Oskar“, den Übergang so erfolgreich auch für die Bundespartei bewältigt zu haben. Auf dem Landesparteitag in Bochum spiele die inhaltliche Erneuerung eine Hauptrolle. Im Groschek-Sprech: „Ohne modische Winkelemente wird die Arbeit im Vordergrund stehen und nicht die Rede zum Sonntag.“