Wie gefährlich ist das Virus?
Infektion: In NRW häufen sich die Fälle von Schweinegrippe. Experten erklären, wie sich die Krankheit entwickelt – und was uns noch erwartet.
Düsseldorf. Ein fast ausgefallener Japan-Tag, vorübergehende Schulschließungen - die Schweinegrippe wird in NRW immer deutlicher spürbar. "Diese Entwicklung kommt nicht unerwartet", sagt Biologin Susanne Glasmacher, Pressesprecherin des Robert-Koch-Instituts in Berlin: "Die Schweinegrippe ist eine Infektionskrankheit, gegen die es noch keinen Impfstoff gibt.
Daher kann für Deutschland auch noch keine Entwarnung gegeben werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus weiter ausbreitet, ist sehr hoch." Überlegungen, eine Großveranstaltung wie den Japan-Tag wegen Ansteckungsgefahr abzusagen, kann sie nachvollziehen: "Die Erkrankung kann durch Husten oder Niesen übertragen werden. Dann greift man sich womöglich an die Nase und überträgt die Viren beim nächsten Händedruck."
Der Rostocker Tropenmediziner Prof. Dr. Emil Reisinger sieht die Sache anders. Natürlich sei es wichtig, vor einer Großveranstaltung wie dem Japan-Tag abzuwägen, ob eine Durchführung Sinn mache, "aber es ist ein wichtiges Signal, bei einer Freilicht-Veranstaltung zu zeigen: Bei uns gibt es im Moment keine Epidemie." Wenn eine Schule betroffen sei, liege der Fall anders: "Keiner kann riskieren, zur Verantwortung gezogen zu werden, wenn es schon viele Erkrankte gibt."
Eine wichtige Rolle spielt auch die Außentemperatur. Denn wenn es kalt ist, überträgt sich das Virus schneller als im Sommer, wie das auch bei der saisonalen Grippe bekannt ist. "Im Herbst werden wir mit einer neuen Welle konfrontiert", prohezeit Reisinger. "Jede Grippe birgt das Risiko, daran zu sterben."
Dieses Risiko sei bei anderen Grippevarianten aber größer als bei der Schweinegrippe. Auch die Grippestämme im vergangenen Winter seien gefährlicher gewesen. Mit seinen Kollegen an der Rostocker Uni sei er an der Entwicklung eines Impfstoffes beteiligt, der noch vor dem Winter zur Verfügung stehen soll: "Aus heutiger Sicht sollte in Europa nicht überreagiert werden."
Dieser Ansicht ist auch Professor Helmut Fickenscher vom Institut für Infektionsmedizin der Universität Kiel: "Es ist ein schwieriger Balance-Akt zwischen Hysterie und Nachlässigkeit. Es ist ungewiss, wie lange und in welcher Form sich das Virus weiter verbreitet, ob es vielleicht mutiert - trotzdem ist Panikmache fehl am Platz." Denn in Deutschland ist die Zahl der Infizierten bei knapp über 90 noch recht gering, außerdem verliefen diese Krankheiten milde im Vergleich mit dem amerikanischen Kontinent, wo bereits rund 140Menschen an der Schweinegrippe starben. In Australien sind rund 1000 Menschen erkrankt. An der Influenza A/H1N1 gestorben ist dort aber noch niemand.
"Im Freien ist die Gefahr, angesteckt zu werden, wesentlich geringer als in geschlossenen Räumen", erklärt Fickenscher. Durch den Wind verteilten sich die Viren besser. Wenn aber eine Schule betroffen sei, sei es sinnvoll zu sagen: Schließen! Wenn nicht, könne sich das Virus schnell verbreiten.