Wieso Diebe Handschuhe tragen
Auswertung von Fingerabdrücken ist tägliche Polizeiarbeit. Vor 125 Jahren feierte die Idee Premiere — und scheiterte zunächst.
Hannover. Deutsche Innovationskraft und penible Aktenführung gehen bekanntermaßen oft Hand in Hand. Vor 125 Jahren war es aber ausgerechnet eine äußerst unsaubere Aktenführung, die den Ausschlag gab für eine wegweisende Erkenntnis in der Kriminalistik.
Im Jahr 1888 entdeckte der Tierarzt Wilhelm Eber in einem Schlachthof, dass die blutverschmierten Hände der Mitarbeiter in Geschäftsbüchern individuelle Abdrücke hinterließen.
Der in Hannover geborene Veterinär entwickelte ein System, Fingerabdrücke mit Jod haltbar zu machen. Dann schlug Eber der preußischen Regierung vor, mit dem Verfahren Verbrecher zu überführen. Aber seine Ausarbeitung zur „Möglichkeit der direkten Belastung einer Person auf Grund mindestens einen Quadratzentimeter großer Handspuren am Tatorte eines Verbrechens“ scheiterte.
In nüchternem Verwaltungston beschied ihm ein Mitarbeiter des Innenministeriums, dass „Ihre Vorschläge zurzeit praktisch noch nicht verwertbar erscheinen und ich daher davon absehe, auf dieselben näher einzugehen“. Ebers Geistesblitz setzte sich nicht durch, es vergingen 15 Jahre, bis in Dresden die Premiere gelang. Am 1. April 1903, schuf Polizeipräsident Paul Köttig in Sachsen die erste mit sogenannten daktyloskopischen Formeln arbeitende Sammlung.
Es begann ein Siegeszug des Fingerabdrucks für die Polizeiarbeit hierzulande. Dabei war das Ausland schneller und die Daktyloskopie hat mehrere Väter. So begann der englische Chief Officer William J. Herschel bereits 1858 in Indien, mit Fingerabdrücken als Nachweis den Betrügereien beim Auszahlen von Renten einen Riegel vorzuschieben.
Deutschland war also eher langsam — aber immerhin schneller als die Franzosen, bei denen laut BKA erst der Raub der „Mona Lisa“ aus dem Louvre in Paris der Daktyloskopie zum Durchbruch verhalf. Der Täter Vincenzo Peruggia hatte das berühmte Gemälde 1911 aus dem Rahmen getrennt und einen Fingerabdruck zurückgelassen. 1914 führte dann auch Frankreich die Daktyloskopie ein — elf Jahre nach Dresden.