Wirtschaftsfaktor Heavy Metal - Die harte Musik boomt

Berlin (dpa) - Ausverkaufte Festivals, zufriedene Plattenfirmen, Fans aus drei Generationen und jetzt auch noch Metal-Kreuzfahrten: Während der Musikmarkt seit Jahren krankt, scheint man in der Heavy-Metal-Szene wenig von der Krise zu spüren.

Etwa im schleswig-holsteinischen Dorf Wacken. Jahr für Jahr strömen Zehntausende Fans zum weltgrößten Heavy-Metal-Festival in die norddeutsche Provinz. Die 75 000 Tickets für die nächste Auflage im August 2013, unter anderem mit Rammstein, Anthrax und Doro, sind längst vergriffen - so früh wie noch nie in der mehr als 20-jährigen Geschichte des Metal-Spektakels. „Wir nagen nicht am Hungertuch“, sagt Festivalchef Thomas Jensen.

Den nächsten Coup hat der 46-Jährige auch schon geplant: Im Mai heißt es „Ahoi Metalheads“, wenn in Hamburg die „Full Metal Cruise“ mit mehr als 20 Bands auf drei Bühnen zur einer Kreuzfahrt der besonderen Art ablegt. Die Nachfrage sei enorm, so Jensen.

Aber was läuft bei den harten Klängen anders? Sinkende Umsätze und illegale Downloads machen der Plattenbranche seit Jahren schwer zu schaffen. Doch im Bereich Heavy Metal scheint es noch recht gut auszusehen. „Metal ist eines der wenigen Genres, in dem du berühmt werden kannst, und es für 30 Jahre bleibst“, sagt Saxon-Sänger Biff Byford der Nachrichtenagentur dpa. Noch heute verdiene die Band an ihren große Alben aus den 1980er Jahren, sagt Byford, der Saxon 1976 in England mitgründete. „Wir generieren ständig neue Fans, ohne die alten zu verlieren.“

Ähnlich sieht es Wacken-Gründer Jensen. „Du kannst mit Metal aufwachsen, alt werden und immer wieder was Neues entdecken.“ Er hat anscheinend viel richtig gemacht in seinem Leben. 1990 rief er das Festival mit einem Kumpel „aus einer Bierlaune heraus“ ins Leben. „Damals kamen 800 Gäste. Ich spielte mit meiner Band, zapfte nebenbei Bier und konnte die Einnahmen noch in meine Hosentasche stecken.“

Auch wenn es „etwas“ größer geworden sei, familiär gehe es noch immer zu in Wacken, betont der ehemalige Student der Betriebswirtschaft. Inzwischen strömen Zehntausende Fans aus drei Generationen und dutzenden Ländern in das 1800-Einwohner-Dorf. Das jährliche Spektakel ist ein enormer Wirtschaftsfaktor geworden - für Jensen, für die Wackener, für die Region und für die gesamte Branche.

„Wacken ist auch für uns als Plattenfirma sehr wichtig“, erklärt Antje Lange, Labelmanagerin bei Century Media Records, einer Plattenfirma, die sich auf Metal konzentriert. „Es ist ein Lebensstil, der in Wacken vermittelt wird und danach kaufen sie bei uns den Soundtrack zu diesem Spirit.“

Und der Verkauf laufe gut. Im Vergleich zu anderen Musikrichtungen sei der Absatz von Tonträgern wie Platten, Packages oder Magazinen relativ hoch, während der digitale Verkauf eher niedrig ausfalle, sagt Lange. So liege die Download-Quote von Metal-Musik in Europa bei rund 10 Prozent und in den USA bei etwa 25 Prozent. Zum Vergleich: Im gesamten Musikmarkt der USA macht digitale Musik bereits die Hälfte des Umsatzes der Plattenfirmen aus, die CD-Verkäufe sind insgesamt viel stärker zurückgegangen als im Spezialsegment Metal.

Für Lange bedeutet das aber nicht, dass die Metal-Fans keine Ahnung von moderner Technik haben. „Die sind schon im Internet unterwegs und hören dort Musik. Aber bestimmte Platten hat man einfach im Regal.“

Zudem habe sich die Szene zu einer sehr toleranten Gemeinschaft entwickelt, inzwischen gebe es auch jede Menge weibliche Fans. „Früher war Metal mehr eine Männersache, heute haben wir auch viele Frauen dabei“, sagt Lange. Das Image der harten Kerle stimme so nicht mehr, Homosexualität beispielsweise sei kein Tabu. „Es gibt massenweise offen schwule Metal-Sänger“, sagt Lange „Und sämtliche Fans sagen: Na und? Das ist uns doch egal, Hauptsache du bist Metal.“