Absturz von russischer Raumsonde wahrscheinlich

Nach mehreren gescheiterten Rettungsversuchen geht Russland von einem bevorstehenden Sturz seiner Raumsonde auf die Erde aus. Trotz radioaktivem Material und giftigem Treibstoff rechnet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt aber nicht mit einer Bedrohung.

Moskau/Köln (dpa) - Ein Absturz der fehlgeleiteten russischen Raumsonde Phobos-Grunt auf die Erde wird nach dem Scheitern eines neuen Rettungsmanövers immer wahrscheinlicher. Die Raumfahrtbehörde Roskosmos in Moskau gehe davon aus, dass der 13,5 Tonnen schwere Apparat mit radioaktivem Kobalt 57 und giftigem Treibstoff in den ersten Dezember-Tagen aus der Umlaufbahn trudeln könnte. Das meldeten russische Agenturen am Freitag. Nach Einschätzung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR würde aber wohl ein Großteil des Transporters verglühen. Trotz der schweren Panne hält Russland am Start einer bemannten Sojus-Kapsel an diesem Montag fest.

Bei den Rettungsbemühungen um die rund 120 Millionen Euro teure Marsmond-Sonde sei es zuletzt auch der Europäischen Weltraumbehörde ESA nicht gelungen, Funkkontakt zu dem Apparat aufzunehmen, sagte ein Roskosmos-Mitarbeiter. „Die Chancen auf Rettung sind nahe Null.“ Das von einer US-Behörde berechnete mögliche Absturzdatum 26. November sei aber falsch.

In Köln sagte DLR-Sprecher Andreas Schütz, ein Absturz von Phobos-Grunt würde wahrscheinlich glimpflich und unbemerkt verlaufen - wie beim Röntgensatelliten Rosat Ende Oktober. Das radioaktive Material ändere daran nichts. „Es sind nur wenige Milligramm Kobalt, die zu wissenschaftlichen Zwecken an Bord sind. Selbst wenn Phobos-Grunt in die Erdatmosphäre eintauchen sollte, würde das wohl völlig zerfallen“, sagte Schütz der Nachrichtenagentur dpa.

Zu den Tanks mit giftigem Treibstoff könne das DLR keine Angaben machen. „Wie die Russen mit dem Problem umgehen, ob sie den Treibstoff ablassen wollen, dazu haben wir keine Erkenntnisse“, betonte Schütz. Das DLR ist an der Rettungsaktion für die Raumsonde nicht beteiligt, sondern beobachtet den Prozess lediglich.

Trotz des erneuten Rückschlags für die russische Raumfahrt halte Roskosmos am Sojus-Start fest, teilte die Behörde mit. Am Montag sollen vom Weltraumbahnhof Baikonur - von dem am vergangenen Dienstag auch Phobos-Grunt startete - um 5.14 Uhr MEZ die Kosmonauten Anton Schkaplerow und Anatoli Iwanischin sowie der US-Astronaut Daniel Burbank zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen.

„Weltraumtouristen“ werde Roskosmos vorerst nicht mehr zur ISS mitnehmen, sagte ein Sprecher. „Viele Kosmonauten kündigen, weil sie zehn Jahre auf einen Flug warten und zusehen müssen, wie wir stattdessen Privatleute mitnehmen.“ Dies wolle sich Roskosmos nicht mehr leisten. In der Vergangenheit hatte Russland für einen mehrtägigen Trip zur ISS 20 Millionen US-Dollar kassiert.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew betonte, die Pläne des Riesenreichs für ein Kosmodrom unweit der chinesischen Grenze blieben unverändert. Vom neuen Weltraumbahnhof Wostotschny, den Russland derzeit für mehr als 600 Millionen Euro baut, sollten bereits 2013 erste Raketen ins All starten, sagte der Kremlchef.