Archäologen: Menschen breiteten sich sehr früh aus
Tübingen (dpa) - Die Menschen haben sich deutlich früher auf der Welt ausgebreitet als bislang gedacht. Schon vor 125 000 Jahren hätten die ersten modernen Menschen das Gebiet der heutigen Vereinigten Arabischen Emirate erreicht.
Das berichtet ein Forscherteam um den Tübinger Archäologen Hans-Peter Uerpmann in der Fachzeitschrift „Science“. Bislang waren Experten mehrheitlich davon ausgegangen, dass der moderne Mensch sich erst vor rund 60 000 bis 70 000 Jahren von Afrika aus auf andere Kontinenten ausgebreitet hat.
Das Grabungsteam fand in Jebel Faya östlich von Dubai primitive Werkzeuge, die vor rund 125 000 Jahren hergestellt wurden. „Durch unsere Funde muss jetzt völlig neu darüber nachgedacht werden, wie die modernen Menschen eine globale Spezies geworden sind“, sagte Simon Armitage von der Royal Holloway Universität in London. Denn wenn die ersten Menschen Afrika schon vor mehr als 125 000 Jahren verlassen haben, sind sie wohl ganz andere Wege gegangen als gedacht.
Vermutlich hat die Wanderungsbewegung vor rund 140 000 Jahren begonnen. Moderne Menschen - also unsere direkten Vorfahren - lebten damals nur in Afrika. Nach einer Eiszeit wurde es allmählich wärmer, die Lebensbedingungen verbesserten sich, und es wurden viele Kinder geboren. Dadurch sei es in dem traditionellen Lebensraum wohl zu eng geworden, sagte Uerpmann. Also machten sich einige auf den Weg Richtung Asien. Sie nahmen dabei eine Route, die so heute gar nicht mehr möglich wäre.
Zunächst überquerten sie das südliche Rote Meer. Durch die vorangegangene Eiszeit war noch viel Wasser in Gletschern gebunden. „Vor 130 000 Jahren war der Meeresspiegel noch rund 100 Meter tiefer als heute“, erklärte Umweltwissenschaftler Adrian Parker von der Oxford Brookes Universität. Die Meeresstraße habe sich dadurch so stark verengt, dass sie für die Menschen leicht überwindbar war.
Auf der Arabischen Halbinsel kamen die Menschen dann aber nicht weiter, denn die Wüste war unbewohnbar. Erst als einige Jahrtausende später die Temperatur anstieg und starker Regen das Land fruchtbar machte, konnten die Menschen nach Angaben der Wissenschaftler weiter Richtung Norden ziehen. Dabei kamen sie auch in Jebel Faya vorbei, wo die Archäologen jetzt ihre Werkzeuge fanden. Vor 110 000 Jahren sank der Meeresspiegel dann erneut, so dass die Gruppe trockenen Fußes zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman in den heutigen Iran weiterziehen konnten. Von dort aus haben sich die Menschen schließlich bis nach Australien und Europa ausgebreitet.
Bislang waren Experten davon ausgegangen, dass die Menschen von Afrika den Nil entlang und dann am Rande des Mittelmeers in den Nahen Osten gewandert sind. Allerdings habe die Genetik zuletzt schon Hinweise darauf geliefert, dass es eine Wanderung über die Arabische Halbinsel gegeben haben könnte, sagte Uerpmann. Menschen in Arabien und Südasien seien genetisch sehr ähnlich mit den Afrikanern. Allerdings habe man bislang nicht erklären können, wie die Menschen das Rote Meer und die arabische Wüste überwinden konnten.
Die Grabungen in Jebel Faya seien extrem schwierig gewesen, erzählte Uerpmann. Knochen seien im Sand der Arabischen Halbinsel nicht erhalten geblieben, deshalb finde man bei den Grabungen oft lange Zeit überhaupt nichts. „Die Arbeiter haben schon gemeckert, weshalb ich sie im Schotter graben ließ, obwohl da nichts war.“ Weil die meisten Fundstücke im aggressiven Sand zerstört worden seien, werde mal wohl auch nie herausfinden, wie die Menschen vor 125 000 Jahren in der Region gelebt haben, sagte der Professor.