Astronautin gibt Physikstunde aus dem All

Peking (dpa) - Mit kleinen Experimenten hat die chinesische Astronautin Wang Yaping am Donnerstag Millionen Schüler in China vor den Fernsehern gefesselt. Ihre Lektionen wurden per Video aus dem Raummodul „Tiangong 1“ zur Erde übertragen.

In der Mini-Raumstation ließ die 33-Jährige kleine Wassertropfen durch den schwerelosen Raum schweben, zeigte, wie ein Pendel bewegungslos in der Luft stehen blieb, und bewegte ihre männlichen Kollegen ohne Anstrengung durch die Schwerelosigkeit.

Mehr als 60 Millionen Schüler und Lehrer verfolgten die Schulstunde aus dem All vor den Fernsehern, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. An etwa 80 000 Schulen im Land wurden die Lektionen von Wang Yaping übertragen. Einige Schüler durften der Astronautin direkt Fragen stellen. „Können sie denn aus dem Fenster auch Müll im Weltall sehen?“, wollte eine Schülerin wissen. „Noch haben wir keinen gesehen, aber Müll ist im All ein großes Problem“, erklärte Wang Yaping.

Mit ihrer ruhigen Stimme beantwortete Wang nacheinander alle Frage. Immer wieder schaute sie etwas schüchtern zu ihren beiden männlichen Kollegen. „Aus dem Frontfenster können wir die Erde und die Sterne sehen. Aber wir haben keine Ufos gesehen“, sagte sie mit einem breiten Grinsen in die Kamera.

Mit Wang ist zum zweiten Mal eine chinesische Astronautin an Bord eines Raumschiffes. Sie und ihre beiden Kollegen Zhang Xiaoguang und Nie Haisheng sollen 15 Tage unterwegs sein, der längste Flug der jungen Raumfahrernation China. Das Raummodul „Tiangong 1“ kreist seit 2011 um die Erde. Die Astronauten werden etwa zwölf Tage in dem „Himmelspalast“ wohnen. Die Experimente auf dem fünften bemannten Raumflug Chinas sind wichtige Voraussetzungen für den Bau einer eigenen chinesischen Raumstation, der bis 2020 geplant ist.

Die Schüler waren begeistert von dem Programm. Er habe schon so viel über den Weltraum gehört, sagte Luo Jiangyuan der Agentur Xinhua. „Aber im Unterricht konnte ich heute sehen, was wirklich alles passiert. Das war total aufregend.“ Die Experimente seien faszinierend gewesen, meinte auch der zehn Jahre alte Qian Jianghao. „Die sind auf der Erde unmöglich. Das war wunderbar.“

China betreibt ein ambitioniertes Raumprogramm. In diesem Jahr will das Land eine Sonde auf dem Mond landen. Zudem baut China derzeit ein eigenes Satellitennetz für ein unabhängiges, weltumspannendes Navigationssystem auf.

Eigentlich sollte die US-Amerikanerin Christa McAuliffe 1986 die erste Unterrichtsstunde aus dem All geben. Aber nur 73 Sekunden nach dem Start explodiert die US-Raumfähre „Challenger“ am 28. Januar 1986 und stürzt in den Atlantik. Lehrerin McAuliffe und die anderen sechs Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Unglücksursache war eine fehlerhafte Dichtung zwischen Segmenten einer Antriebsrakete.