Braunbär ist Eisbär: Forscher lüften Gen-Rätsel in Alaska

San Francisco/Berlin (dpa) - Braunbären als Mogelpackung: Wissenschaftler haben ein Rätsel um die genetischen Wurzeln von Bären im Südosten Alaskas gelüftet.

Mit einer Erbgut-Analyse fanden sie heraus, dass die heutigen Braunbären auf den Inseln Admiralty, Baranof und Chichagof (ABC-Inseln) weit mehr Gene einer sehr alten Eisbär-Kolonie in sich tragen als gedacht. Obwohl die Tiere wie Braunbären aussehen und sich auch so verhalten, sind sie genetisch gesehen Eisbären ähnlich, berichtet ein internationales Forscherteam in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Plos Genetics“.

Die Forscher um Studienleiterin Beth Shapiro sind sich nun sicher, dass Braunbären auf den Inseln Nachkommen einer sehr frühen Eisbär-Population sind. Sie stammen damit nicht, wie bisher angenommen, vom heutigen Eisbären ab. Denn Eisbären und Braunbären können sich bis heute erfolgreich paaren - das macht die Sache kompliziert.

Seit langem diskutieren Wissenschaftler schon über die evolutionären Zusammenhänge zwischen Braun- und Eisbären. Die Braunbären auf den ABC-Inseln eigneten sich besonders gut als Forschungsobjekte. Denn ihre DNA ähnelt der von Eisbären mehr als der von anderen Braunbären. Als Grund für die überraschende Verwandtschaft vermuten die Forscher eine Klimaerwärmung vor 10 000 Jahren. Eisbären lebten damals etwas südlicher als heute. Obwohl sich das Eis nach Norden zurück gezogen habe, könnten einige der Tiere länger auf in diesem nun eisarmen Gebiet der ABC-Inseln geblieben sein als andere. Heutige Eisbären verhielten sich ähnlich, zum Beispiel in der westlichen Hudson Bay, schreibt Ian Stirling, Mitautor der Studie von der University of Alberta in Kanada.

Mit dem Rückzug des Eises wurde die Gegend der ABC-Inseln nach Forscherangaben wieder bewohnbar für Braunbären. Daraufhin hätten sich überwiegend männliche Braunbären mit den „gestrandeten“ weiblichen Eisbären gepaart.

Das internationale Forscherteam nahm besonders das (weibliche) X-Chromosom der heutigen Insel-Braunbären in Alaska ins Visier. „Der Schlüssel lag darin, die DNA aus den Zellkernen und insbesondere ihre X-Chromosomen zu untersuchen“, berichtet Shapiro, Forscherin an der University of California Santa Cruz. Im Ergebnis stammten 6,5 Prozent der X-Chromosomen der Insel-Braunbären von Eisbären. Die restlichen Gene stimmten nur zu einem Prozent mit Eisbär-Erbgut überein.

Die Forscher schlussfolgern nun, dass die Braunbären auf den ABC-Inseln auch von Eisbären abstammen. Sie wurden nur deshalb äußerlich langsam zum Braunbär, weil sie sich mit männlichen Braunbären vom alaskischen Festland paarten.

Damit verläuft die Familiengeschichte dieser Bären anders als bei anderen Eis- und Braunbären. Denn eigentlich stammt der Eisbär vom Braunbären ab. Diese Abspaltung datierten Forscher des Frankfurter Biodiversität und Klima Forschungszentrums in einer Studie von 2012 auf eine Zeit vor rund 600 000 Jahren.

„Wir sagen, dass die rätselhaften ABC-Insel-Braunbären von einer Population von Eisbären abstammen, die wahrscheinlich übrig geblieben sind, als das Eis am Ende der letzten Eiszeit zurückging“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie. Die neuen Erkenntnisse gelten aber nur für die ABC-Inseln. Offen bleibt die Frage, wo sich in der Arktis Eisbären und Braunbären zuerst auseinanderentwickelt haben.