Der Klimawandel macht Meere weltweit saurer und wärmer
San Francisco (dpa) - Der Klimawandel wird bis zum Jahr 2100 nach Forscherangaben nahezu jede Region der Ozeane erfassen.
Fast überall werde infolge des anhaltenden Treibhausgas-Ausstoßes das Wasser an der Meeresoberfläche wärmer, saurer, und sauerstoffärmer, berichtet ein internationales Team im Fachblatt „PLOS Biology“.
Aber auch die Tiefenregionen seien betroffen, die Produktivität der Ökosysteme werde geringer. Das Zusammenspiel der Faktoren werde die marinen Nahrungsketten verändern und letztlich auch das Leben von Millionen von Menschen beeinträchtigen, die am und vom Meer leben.
Die Wissenschaftler um Camilo Mora von der Universität Hawaii hatten unter Berücksichtigung aktueller Klimaprognosen umfassende biologische und sozioökonomische Daten analysiert. Ihre Arbeit stützten sie vor allem auf Modelle, die im Zusammenhang mit dem 5. Weltklimareport des UN-Klimarats (IPCC) entwickelt wurden. Sie gingen von zwei Emissions-Szenarien aus: einem „Weiter-wie-gehabt“-Modell, bei dem die Kohlendioxid-Werte in der Atmosphäre auf 900 ppm (Teile pro Million) ansteigen, und einem Modell, bei dem der CO2-Ausstoß drastisch reduziert und auf 550 ppm begrenzt wird.
Die Auswertung ergab, dass sich unter beiden Annahmen nahezu die gesamte Oberfläche der Weltmeere biogeochemisch verändern wird, wobei das Ausmaß der Veränderungen regional unterschiedlich ausfällt. So werde das Wasser in den tropischen Regionen weniger schnell saurer, in den gemäßigten Zonen sei der Temperaturanstieg geringer. Nur in einem sehr kleinen Teil der Meere, vor allem in den Polarregionen, würden das Wasser sauerstoffreicher und die Meere produktiver, schreiben die Forscher weiter. Zu einer Abkühlung oder einem Anstieg des pH-Wertes wird es den Prognosen zufolge nirgendwo kommen.
In einem zweiten Schritt untersuchten die Forscher um Mora, welche Lebensräume und welche Hotspots der Artenvielfalt von den Veränderungen am stärksten betroffen sein werden. Grundsätzlich seien die Folgen in der Tiefsee demnach geringer, flache Gewässer - und damit Korallenriffe und Mangroven - stärker betroffen. Auch dort, wo Krill, Tintenfische, Wale und Robben häufig vorkämen, seien große Veränderungen zu erwarten.
Die Menschen blieben von den Folgen der Veränderungen nicht verschont, schreiben die Forscher. Zwischen 470 und 870 Millionen der ärmsten Menschen der Welt seien auf die Ozeane als Nahrungslieferant oder Einnahmequelle angewiesen. Sie lebten in Ländern, in denen besonders starke Veränderungen erwartet werden und seien demnach auch am stärksten betroffen.
„Die Auswirkungen des Klimawandels werden von der Meeresoberfläche bis zum Meeresboden zu spüren sein. Es ist wirklich beängstigend, sich zu überlegen, wie gravierend diese Auswirkungen sein werden“, sagte Andrew Sweetman vom International Research Institute of Stavanger (Bergen/Norwegen), einer der Autoren der Studie. „Das ist ein Erbe, das wir als Menschen nicht ignorieren dürfen.“
Die Studie bestätigt einen kürzlich veröffentlichen Bericht des International Programm on the State of the Ocean (IPSO). Darin fordern internationale Meeresforscher Sofortmaßnahmen, um die Zerstörung der Meere zu stoppen. Auch sie warnen vor dem „tödlichen Trio“ aus Erwärmung, Versauerung und Sauerstoffentzug.
„Die Gesundheit der Ozeane bewegt sich viel schneller auf einer Abwärtsspirale als wir gedacht haben“, kommentiert Alex Rogers vom Somverville College (Oxford/Großbritannien) die im Journal „Marine Pollution Bulletin“ veröffentlichten Ergebnisse. „Wir sehen größere Veränderungen, die schneller passieren und deren Folgen unmittelbar bevorstehen.“