Globalisierung Eingeschleppte Giftkröten bedrohen Madagaskars Tierwelt

Stuttgart/München (dpa) - Die Plage begann vor einigen Jahren mit der Lieferung von Baumaterial aus Südostasien auf die Insel Madagaskar: Eine etwa sieben Zentimeter lange, mit dunklen Pusteln bedeckte, bräunliche Kröte und ihre Artgenossen hatten sich vermutlich in der Ladung für eine Nickel- und Kobaltmine versteckt.

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Die Schwarznarbenkröten breiteten sich rasant aus - mit fatalen Folgen für die restliche Tierwelt, wie ein internationales Wissenschaftlerteam im Fachmagazin „Current Biology“ berichtet. Denn die Amphibien sind giftig - werden sie gefressen, endet das für den Fressfeind meist tödlich. Überdies macht der Allesfresser mit dem lateinischen Namen Duttaphrynus melanostictus den einheimischen Arten die Nahrungsquellen streitig.

Wie empfindlich die madagassische Fauna auf die Invasion reagiert, bestätigt nun die Studie, an der auch Forscher des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart, der Zoologischen Staatssammlung München und der Technischen Universität Braunschweig beteiligt waren. Demnach ist von 77 untersuchten madagassischen Arten, die Kröten möglicherweise fressen, mit einer Ausnahme keine einzige gegen das Krötengift immun. Warum sich ein Nagetier gegen das neue Gift als unempfindlich erwies, können die Experten noch nicht erklären.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die invasiven Kröten wahrscheinlich große Auswirkungen auf viele endemische Arten in Madagaskar haben werden, was die bestehenden Naturschutzprobleme des Landes weiter verschärft“, sagt Mitautorin Friederike Woog aus Stuttgart. Viele bekannte Arten, wie zum Beispiel die nur in Madagaskar vorkommenden igel- und spitzmausähnlichen Tenreks und die Schleichkatzen Fossas, seien gefährdet.

Aus Sicht von Mitautor Frank Glaw aus München entwickelte sich auf Madagaskar eine enorme Vielfalt, weil das Land schon eine Insel war, als Afrika und Südamerika noch zusammenhingen. „Isoliert vom Rest der Welt musste sich die Fauna dort kaum an Störungen etwa durch Tierwanderungen von außen anpassen“, erklärt der Biologe. Deshalb sind zum Beispiel 421 Arten von Reptilien und 348 Arten von Amphibien auf dem Eiland vor der Ostküste Mosambiks zu finden - noch. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es 15 Arten von Reptilien und 22 von Amphibien.

Glaw hofft dass Madagaskar nicht dasselbe Schicksal wie Mauritius erleidet. „Dort starb vor ein paar Hundert Jahren fast die gesamte einheimische Fauna aus, nachdem sie mit Ratten, Schweinen und Ziegen aus Schiffen konfrontiert wurde.“ Dieser Invasion fiel auch der flugunfähige Vogel Dodo zum Opfer. Glaw fügt hinzu: „Je kleiner und abgelegener eine Insel, desto größer das Problem, wenn Wettbewerber vom Festland dort landen.“

Auf Madagaskar ist es aus Glaws Sicht für die Jagd auf die Kröten schon zu spät. „Ich kann nur hoffen, dass die Entwicklung am Ende doch nicht so dramatisch ist und die biologische Vielfalt weitgehend erhalten bleibt.“ Die Fressfeinde der Kröten würden lernen, sie zu meiden oder - im Lauf der Evolution - das Gift zu verkraften.

Für den Biologen ist klar: Das Einschleppen fremder Arten muss gestoppt werden, nicht nur auf Madagaskar. Die Vorsichtsmaßnahmen an Flughäfen seien recht streng. Aber an den Häfen seien Kontrollen der großen Gütertransporte schwierig. „Selbst wenn die Hafenarbeiter die kleinen Tiere finden, dann kümmern sie sich nicht weiter drum.“