Studie Tropische Wirbelstürme wandern langsamer
Madison (dpa) - Fünf Tage lang tobte Hurrikan „Harvey“ 2017 über Texas, überflutete Houston und weite Landflächen mit Wassermassen.
Diese Ausdauer war einer neuen US-Studie zufolge eher kein Zufall: Tropische Wirbelstürme ziehen demnach langsamer weiter als früher, wüten damit länger über einer Region - und können Regen- und Sturmschäden dort noch verstärken.
Zwischen 1949 und 2016 habe sich die Zuggeschwindigkeit der mächtigen Stürme weltweit im Durchschnitt um zehn Prozent verringert, schreibt James Kossin von der US-Klima- und Ozeanbehörde NOAA im Fachjournal „Nature“. Wirbelstürme über dem westlichen Nordpazifik wanderten sogar um 20 Prozent langsamer, über den Wasserflächen um Australien herum um 15 Prozent.
Über dem Festland verlagerten sich die Zyklone in bestimmten Regionen sogar noch zögerlicher: Um 30 Prozent im Bereich des westlichen Nordpazifiks, und um rund 20 Prozent über der nordamerikanischen Ostküste und Australien. „Diese Trends erhöhen mit großer Wahrscheinlichkeit die örtlichen Niederschlagsmengen und Süßwasser-Überschwemmungen, was mit sehr hohem Sterberisiko einhergeht“, erläutert Kossin.
Verantwortlich dafür ist seiner Einschätzung nach vermutlich die globale Erwärmung. Sie schwäche die gesamte tropische Luftzirkulation ab und damit auch die Luftströme, die Wirbelstürme weitertragen. Zudem steige durch die Erwärmung mehr Wasserdampf auf, der niederregnen kann. Alle Weltmeere mit Ausnahme des nördlichen Indischen Ozeans seien davon betroffen.
„Die beobachtete Verlangsamung um zehn Prozent geschah über einen Zeitraum, in dem der Planet sich um 0,5 Grad Celsius erwärmt hat“, erläutert Kossin. In der zweiten Hälfte des Beobachtungszeitraums erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein solcher Zyklon mit weniger als 20 Stundenkilometern fortbewegt. Der Taifun Morakot über Taiwan wanderte 2009 sogar mit nur fünf Stundenkilometern weiter.
„Tropische Zyklone gehören zu den tödlichsten und teuersten Naturkatastrophen, weil sie nicht nur durch starke Winde zerstören, sondern auch durch Überflutungen und Schlammlawinen, die durch Sturmfluten und Starkregen entstehen“, schreibt die Klimaforscherin Christina Patricola (Lawrence Berkeley National Laboratory) in einem Begleitartikel. Hier bereite Kossins Arbeit den Weg für weitere Studien, die die Zuggeschwindigkeit in konkreten Bezug zur Regenmenge setzten.
Für die diesjährige Hurrikan-Saison über dem Atlantik, die im Juni beginnt, erwartet die NOAA bis zu vier schwere Wirbelstürme im Karibik-Raum und den USA. Zudem rechnen die Wetterexperten mit fünf bis neun etwas schwächeren Hurrikanen. Damit wird die Hurrikan-Saison in diesem Jahr vermutlich weniger schlimm als 2017, das als schlimmstes Hurrikan-Jahr seit 2005 galt.
Auch Klimaexperten beim Rückversicherer Munich Re rechnen in diesem Jahr mit weniger Wirbelstürmen. Nach den Prognosen mehrerer Forschungsinstitute soll es eine eher durchschnittliche Hurrikan-Saison werden, erläuterten sie vor wenigen Tagen in München. Allerdings hatten Fachleute auch für 2017 eine eher unterdurchschnittliche Saison prognostiziert.
Doch dann wüteten „Harvey“ in Texas und Hurrikan „Maria“ in Puerto Rico. Hurrikan „Irma“, einer der stärksten jemals in der Region registrierten Stürme, zog seine zerstörerische Bahn zunächst durch die Karibik. Hunderte Menschen kamen unmittelbar bei den drei Hurrikanen ums Leben. Es gab Schäden in Milliardenhöhe.