Eisschmelze in Antarktis wohl nicht mehr zu stoppen
Seattle (dpa) - Gletscherschmelze mit Domino-Effekt: Der Zusammenbruch des Eisschildes in der Westantarktis ist neuen Studien zufolge wohl nicht mehr zu stoppen. Der Thwaites-Gletscher könnte aufgrund der Klimaerwärmung schon in 200 Jahren, spätestens aber in gut 1000 Jahren verschwunden sein.
Der Gletscher, der in die Amundsen-See mündet, dient als Stütze der benachbarten Eismassen. Kollabiert er, könnten weitere Gletscher rasch folgen. Unterdessen mahnten Experten am Dienstag in Berlin, dass in vielen Meeren die Fischbestände schrumpfen werden - ein entscheidender Grund ist auch hier die Erwärmung.
Die schnelle Schmelze des Thwaites-Gletschers ergibt sich aus Computersimulationen, die in der Fachzeitschrift „Science“ vorgestellt wurden. Der globale Meeresspiegel steige in der Folge um etwa 60 Zentimeter, schreiben Forscher um Ian Joughin von der Universität von Washington in Seattle. Ein komplettes Abschmelzen des westantarktischen Eisschilds als Folge des Klimawandels würde demnach zu einem Anstieg um drei bis vier Meter führen.
Daten aus vier Jahrzehnten wiesen darauf hin, dass die sechs in die Amundsen-See mündenden Gletscher den Punkt schon passiert haben, von dem an es kein Zurück mehr gibt, schreibt auch ein Team um Eric Rignot von der Universität von Kalifornien in Irvine (USA) in den „Geophysical Research Letters“. Allein das schmelzende Eis dieser Gletscher könne die Meeresspiegel um etwa 1,2 Meter steigen lassen.
Der Klimawandel lässt nicht nur die Gletscher schmelzen, er macht auch vielen Fischen zu schaffen. Wärmeres Wasser macht den Tieren das Leben schwer - auch geringerer Sauerstoffgehalt und wachsende Versauerung tragen dazu bei. Viele Bestände werden sich deshalb in kühlere Regionen verlagern und deutlich reduzieren - unter anderem in Nord- und Ostsee, wie Experten im Vorfeld des Europäischen Tag des Meeres (18. Mai) berichteten. „Bis zum Jahr 2050 ist eine Abnahme der Bestände von mehr als 20 Prozent zu erwarten“, sagte Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung.
Vor allem tropische Gewässer werden den Voraussagen der Klima- und Meeresforscher zufolge zunehmend verwaisen. Aber auch vor der Nordseeküste sind schon Veränderungen spürbar: Der Nordseebarsch (Kabeljau) wandert immer stärker in den kühleren Nordatlantik ab. In der Ostsee macht vor allem der Sauerstoffmangel Probleme: „Weite Teile der tiefen Ostsee sind bereits Todeszonen“, betonte Ulrich Bathmann vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde.
Ein Grund dafür sind Düngemittel und Abwässer, die Algen wachsen lassen. Deren Überreste bauen Bakterien ab und verbrauchen dabei Sauerstoff. In den betroffenen Gebieten ist wegen des Sauerstoffmangels kaum noch Leben möglich. „Aber auch die Zufuhr von frischem, sauerstoffreichem Wasser aus der Nordsee hat deutlich abgenommen, die Ozeanzirkulation in der nördlichen Hemisphäre hat sich verändert“, sagte Bathmann. Zu neuen Problemen könnten außerdem große Bauvorhaben führen, weil tief in den Sedimenten abgelagertes, giftiges Quecksilber durch die Grabungen nach oben geholt würde.
Durch den wachsenden Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) steigt die Temperatur in der Atmosphäre und auch in den Ozeanen. Zudem löst sich CO2 im Meerwasser und führt als Kohlensäure dazu, dass die Meere versauern.