Enten und Gänse orientieren sich am Magnetfeld

Essen (dpa) - Tausende Enten und Gänse hat der Zoologe Hynek Burda beobachtet - von Finnland über Botswana bis nach Kanada. Mit seinem Team ist er der perfekten Wasserlandung auf den Spur. Seine neue Studie zeigt: Es gibt noch mehr Orientierungsmuster als Sonne und Wind: das Magnetfeld der Erde.

Frage: Herr Professor Burda, in Ihrer aktuellen Studie geht es darum, dass sich Vögel am Magnetfeld der Erde orientieren. Ist das neu?

Antwort: Bisher wurde diese Magnetfeldorientierung immer nur bei Zugvögeln und Brieftauben untersucht. Oft wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie die Vögel bei langen Strecken ihren Weg finden. Wir haben aber eine neue Funktion entdeckt - und zwar bei der Wasserlandung.

Frage: Was genau haben Sie entdeckt?

Antwort: Wir beobachten schon sehr lange Wasservögel. Normalerweise orientieren sich Enten und Gänse an der Sonne und am Wind, wenn sie auf einem See landen. Uns ist aber aufgefallen: Auch wenn es windstill ist und die Sonne nicht scheint, halten alle Vögel im Schwarm den Kurs. Keiner schert aus und prallt gegen den anderen. Es muss also neben der Sonne und dem Wind etwas geben, woran sich alle gemeinsam orientieren. Außerdem landen die Vögel genau auf der Wasseroberfläche, was extrem schwierig ist.

Frage: Wieso ist das so schwierig?

Antwort: Bei einer Wasserlandung muss einfach alles stimmen - die Höhe und die Neigung beim Anflug. Wenn die Tiere über Land fliegen, sehen sie Bäume, Straßen, Autos, und so weiter. Daran können sie ihre eigene Flughöhe abschätzen. Über einem See ist das nicht möglich. Außerdem fliegen Enten und Gänse ziemlich schnell und sind relativ schwer. All diese Probleme müssen die Tiere irgendwie lösen.

Frage: Wie nehmen die Vögel das Magnetfeld denn wahr?

Antwort: Diese Frage ist noch nicht endgültig geklärt. Wahrscheinlich nehmen sie es über die Netzhaut im Auge wahr. Man kann sich das vielleicht so vorstellen, dass ein Fleck oder ein Punkt im Blickfeld der Vögel erscheint, sobald sie ihren Kopf Richtung Norden drehen. An diesem Fleck orientieren sie sich dann. Aber wie gesagt: Ob es diesen Fleck wirklich gibt, wissen wir nicht.

Frage: Warum ist es so schwer, das festzustellen?

Antwort: Weil die Magnetfeldwahrnehmung ein Prozess ist, der im Gehirn passiert. Wenn wir das Auge durch ein Mikroskop betrachten, sehen wir davon nichts.

Frage: Hat der Mensch auch so einen Kompass im Auge?

Antwort: Ich gehe davon aus. Das Problem ist aber, dass die Nervenbahnen beim Menschen nicht bis zur Hirnrinde reichen - bei den Vögeln schon. Deshalb kann der Mensch das Magnetfeld nicht bewusst wahrnehmen.