Erbgutanalyse: Europäische Roma stammen aus Indien
London (dpa) - Die verschiedenen europäischen Roma-Gruppen haben trotz ihrer teils unterschiedlichen Sprache, Religion oder Lebensweise einen gemeinsamen Ursprung. Ihre Vorfahren machten sich vor rund 1500 Jahren von Indien aus auf den Weg nach Europa.
Das berichten internationale Forscher im Fachblatt „Current Biology“. Vor etwa 900 Jahren zogen sie dann vom Balkan aus in viele Länder Europas weiter. Das Team um David Comas und Manfred Kayser von der Erasmus-Universität im niederländischen Rotterdam hatte mit einer Erbgutanalyse den Ursprung und die Geschichte des europäischen Roma-Volkes nachvollzogen.
Mit rund elf Millionen Angehörigen stellen die Roma die größte Minderheitengruppe in Europa dar, schreiben die Forscher. Dennoch blieben sie bisher in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen unberücksichtigt, etwa wenn es um die genetische Charakterisierung der Europäer gehe.
Die Wissenschaftler analysierten nun das Erbgut von insgesamt 152 Menschen aus 13 Roma-Gruppen aus Nord-, West- und Osteuropa und verglichen es mit anderen Populationen der Welt. Die Auswertung ergab, dass die Roma ursprünglich aus Indien stammen, vermutlich aus Nord- oder Nordwestindien. Zu diesem Ergebnis waren zuvor bereits sprachwissenschaftliche Untersuchungen gekommen.
Die Population der Gründerväter und -mütter schrumpfte auf dem Weg in Richtung Europa zunächst stark, zeigten die Analysen weiter. Die Roma blieben während ihrer Migration weitgehend unter sich. Im Erbgut fanden die Forscher nur wenige Spuren von Angehörigen anderer Völker, denen die Roma auf ihrem Weg begegnet sind, etwa aus dem Mittleren Osten, dem Kaukasus oder aus Zentralasien.
Vom Balkan aus breiteten sich die Roma dann vor etwa 900 Jahren in einer westlichen und einer östlichen Line über Europa aus. Auch in dieser Zeit heirateten sie vor allem untereinander. Gelegentlich vermischten sie sich aber auch mit anderen Europäern, vor allem wohl in jüngerer Vergangenheit, heißt es in der Studie. Trotz des relativ kurzen Zeitraumes sei die demografische Geschichte der europäische Roma reich und komplex, schreiben die Forscher.
Der Europarat schätzt die Zahl der Roma europaweit auf rund 11,2 Millionen. In Bulgarien, Mazedonien, Rumänien, der Slowakei und Serbien ist der Anteil an der Bevölkerung demnach am größten. Außerhalb des deutschen Sprachraums wird Roma als Sammelname für die gesamte Minderheit verwendet. In Deutschland hat sich der Begriff „Sinti und Roma“ durchgesetzt.