Europäischer Raumtransporter startet bald ins All
Bremen/Kourou (dpa) - Frachter, Müllschlucker oder Schlafgemach - der unbemannte europäische Raumtransporter hat viele Funktionen. Am 15. Februar fliegt das zweite Versorgungsschiff vom Typ ATV an Bord einer Ariane 5-Rakete ins All.
Acht Tage später soll es automatisch an der Internationalen Raumstation ISS andocken. Auf dem Weltraumbahnhof Kourou laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Sieben Tonnen Lebensmittel, Kleidung, Luft, Treibstoff, Ausrüstung und private Post für die sechs Bewohner sind inzwischen im geräumigen Frachtraum des ATV verstaut. Ingenieure nehmen letzte Tests an der Technik vor. Seit Monaten durchleuchten sie jede Schraube, jedes Kabel und jeden Stecker. Auch wenn es der zweite Start eines solchen Transporters ist, für die Europäer hat er große Bedeutung. Sie wollen damit ihre Zuverlässigkeit bei der Versorgung der ISS beweisen.
Der Prototyp „Jules Verne“ hatte im April 2008 erfolgreich an der Raumstation angedockt. Der nach dem deutschen Astronom Johannes Kepler benannte Nachfolger ist das erste Modell aus der Produktionsserie. „Es sind einige Kleinigkeiten verändert worden“, sagte der Leiter des Bremer Astrium-Werks, Michael Menking. Die Raumfahrttochter von EADS baut im Auftrag der Europäischen Weltraumbehörde ESA den ATV. Drei weitere sind bis 2015 geplant.
„Wenn das Shuttle außer Dienst gestellt wird, ist der ATV das größte Versorgungsschiff der ISS“, betonte Menking. Der letzte Flug eines US-Space-Shuttles ist derzeit für April geplant. Neben dem etwa Doppeldeckerbus großem ATV können auch das russische Raumschiff Progress und der japanische HTV Vorräte und Material ins All transportieren. „Diese drei reichen gerade aus, um die Logistik der Raumstation sicherzustellen“, sagte ESA-Experte Nico Dettmann.
Bis Mitte Juni wird „Johannes Kepler“ am russischen Teil der ISS angedockt bleiben. In dieser Zeit soll er auch mehrmals die Raumstation anheben, die in etwa 400 Kilometern die Erde umkreist. Pro Tag sackt sie bis zu 200 Meter ab. Allein 4,5 Tonnen Treibstoff hat der Frachter für diese Manöver gebunkert.
Für die Crew bedeutet der Raumtransporter in dieser Zeit vor allem mehr Bewegungsfreiheit - was gerade nachts sehr willkommen ist, wenn sich die ISS-Bewohner ein freies Plätzchen suchen müssen. Den Vorgänger hatte so auch ein russischer Kosmonaut als gemütliche Schlafkoje für sich entdeckt. „Der ATV ist sehr ruhig und angenehm kühl“, erläuterte Menking.
Am Ende der Mission werden die Besatzungsmitglieder „Johannes Kepler“ mit Müllsäcken und nicht mehr benötigten Geräten beladen. Auf seinem Weg zurück zur Erde wird er über dem Südpazifik verglühen.
Etwa 450 Millionen Euro kostet die Mission nach Angaben der ESA. Über ATV 6 und 7 wird Dettmann zufolge bereits diskutiert. Ob sie tatsächlich gebaut werden, will die Behörde im März entscheiden.
An einem Nachfolger arbeitet Astrium schon. Der ARV soll beim Eintritt in die Atmosphäre nicht mehr verglühen - und somit Material zur Erde zurückbringen können.