Fischereibiologen warnen vor Tiefseefischerei
Kiel (dpa) - Die Fischerei in der Tiefsee ist nach Ansicht von Meeresforschern wirtschaftlich und ökologisch unrentabel. Tiefseefischerei könne grundsätzlich nicht nachhaltig betrieben werden.
Das sagte der Fischereibiologe Rainer Froese vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) am Dienstag. Gemeinsam mit Kollegen aus mehreren Ländern hat Froese die möglichen Folgen einer ausgedehnten Fischerei in der Tiefsee untersucht.
Anlass für die Studie war die Suche der großen Fischfangflotten nach neuen Revieren, da die Erträge immer weiter zurückgehen. Dabei haben sie nach Angaben der Wissenschaftler jetzt auch die wenig erforschte Tiefsee entdeckt.
Die Biologen kamen in ihrer Studie, die jetzt online in der Fachzeitschrift „Marine Policy“ veröffentlicht wurde, zu dem Schluss, „die Tiefseefischerei sollte mit ganz wenigen Ausnahmen eingestellt werden“. Denn die auf den ersten Blick ertragreichen Fischbestände in den Tiefen der Ozeane könnten noch viel schneller vernichtet sein als Bestände in küstennahen Gewässern, hieß es.
Tiefseefischerei sei gleich aus mehreren Gründen problematisch, legten die Fischereibiologen aus Deutschland, den USA, Kanada, Großbritannien, Portugal, der Schweiz und Neuseeland dar. Da die tieferen Regionen der Ozeane für die meisten Organismen lebensfeindlich seien, konzentriere sich das Leben an bestimmten Orten wie Unterwasserbergen. Diese „Oasen des Lebens“ seien durch die Grundschleppnetze der Fischer schnell zerstört, „zurück bleibt eine öde Landschaft“, sagte Froese. Zudem sei die Art der Fischerei extrem aufwendig: Da erst ein Bruchteil der Meeresboden exakt kartiert sei, seien die Trawler mit modernster Sonartechnologie ausgestattet.
Tiefseefische können sehr groß und schwer werden. Der Riesen-Antarktisdorsch zum Beispiel, der in bis zu 1600 Metern Wassertiefe vorkommt, bringt es auf bis zu 175 Zentimeter Länge und bis zu 80 Kilogramm Gewicht. Wegen der niedrigen Temperaturen und der wenigen Nährstoffe in der Tiefe wachsen diese Fische aber extrem langsam. „Weil neue Generationen nicht rechtzeitig nachwachsen können, ist ein Bestand von Tiefseefischen viel schneller überfischt als ein küstennaher Bestand“, warnte Froese. „Insgesamt muss man sagen, dass diese extrem teure Fischerei in bisher wenig erforschten Regionen schwere Schäden an der globalen Artenvielfalt anrichtet, die eigentlich das Erbe der gesamten Menschheit ist.“
Ende der Woche wird das Papier nach Angaben Froeses Diskussionsgrundlage für einen Workshop der Vereinten Nationen in New York zum Thema „Nachhaltige Fischerei“ sein.