Hunger verändert Verhalten - auch Fruchtfliegen riskieren mehr
München (dpa) - Mal ungeduldig, mal genervt, mal draufgängerisch: Hunger verändert das Empfinden - und damit das Verhalten. Nicht nur Menschen, sondern auch Tiere gehen in der Regel mit leerem Magen ein höheres Risiko ein.
Sogar Fliegen funktionieren so. Das haben Forscher am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried bei München bestätigt.
Frühere Studien an Tieren hätten gezeigt, dass sie gefährlichere Beute nur dann jagen, wenn sie kurz vor dem Verhungern stehen, teilte das Institut am Dienstag mit. In den vergangenen Jahren sei das auch beim Menschen dokumentiert worden: In einer Studie gingen hungrige Probanden deutlich mehr finanzielle Risiken ein als ihre satten Kollegen.
Für Fruchtfliegen signalisiert Kohlendioxid (CO2) Gefahr - deshalb ergreifen satte Tiere schon bei geringen Mengen die Flucht. Allerdings geben auch verrottende Früchte und Pflanzenteile als Futterquellen der Fliegen CO2 ab. Die Martinsrieder Neurobiologen zeigten nun, dass hungrige Fliegen ihre CO2-Abneigung schneller überwanden als satte Fliegen - wenn gleichzeitig Futtergeruch lockte. Bei Aussicht auf Futter seien hungrige Tiere wesentlich risikofreudiger als satte Fliegen. „Es ist faszinierend, in welchem Ausmaß der Stoffwechsel und Hunger die verarbeitenden Prozesse im Gehirn beeinflussen“, sagte Ilona Grunwald-Kadow, die Leiterin der Studie.
Nach Angaben der Forscher gibt es zwei Schaltkreise im Hirn, die das angeborene Fluchtverhalten je nach Sättigungsgrad steuern. „Ist die Fliege hungrig, verlässt sie sich nicht mehr auf die "direkte Leitung", sondern benutzt Hirnzentren, mit denen sie interne und äußere Signale abwägen und eine ausgewogene Entscheidung treffen kann“, erklärte Grunwald-Kadow. Die Studie ist im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht.