Im Stadtlärm zwitschern Kohlmeisen höher

Washington (dpa) - Um sich im Lärm der Städte bei ihren Partnerinnen Gehör zu verschaffen, singen männliche Kohlmeisen ihre Lieder in einer höheren Tonlage.

Dies macht sie bei den Weibchen scheinbar weniger attraktiv, berichten niederländische Forscher in den „Proceedings“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften. An lauten Standorten könne die erzwungene Veränderung so womöglich den Fortpflanzungserfolg der Vögel schmälern.

Lärm ist in Städten und deren unmittelbarer Umgebung alltäglich. Zahlreiche Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass die Geräusche von Straßen, Flughäfen oder Industriegebieten nicht nur viele Menschen plagen, sondern sich auch negativ auf die Kommunikation vieler Tierarten auswirken.

Vögel wie die Kohlmeisen haben besonders damit zu kämpfen, dass ihre Gesänge nicht mehr gehört werden. Denn ein Großteil des menschlichen Lärms ist eher tieffrequent - und damit in dem Klangbereich, in dem die männlichen Vögel um ihre Weibchen werben. Gerade der tiefe Gesang sei für die Weibchen scheinbar attraktiv, da er eine robuste Verfassung des Sängers signalisiere, heißt es in der Studie. Außerdem übertrage er sich gut durch die Vegetation und vermutlich auch in die Nisthöhlen hinein.

Das Team um Wouter Halfwerk von der Universität Leiden untersuchte nun die Auswirkungen des Großstadtlärms auf das Paarungsverhalten von Kohlmeisen (Parus major). Sie beobachteten die Tiere und analysierten die Gesänge in der Morgendämmerung. Dabei stellten sie zunächst fest, dass die Männchen kurz vor der Eiablage am tiefsten singen. Die Weibchen reagierten in dieser Zeit besonders schnell mit Rufen und zeigten sich am Nesteingang. Normalerweise verlassen sie das Nest, um sich mit dem Männchen zu paaren.

Als die Forscher typische Lärmgeräusche in der Nisthöhle abspielten, zeigte sich, dass die Weibchen eher auf einen höheren Gesang der Männchen reagierten und am Eingang des Nests auftauchten. Die tieferen Gesänge schienen sie nicht so gut zu hören. Für die Männchen zahle es sich also durchaus aus, ihren Gesang zu verändern, schreiben die Forscher. Andererseits zeigten Untersuchungen des Nachwuchses, dass Männchen, die besonders häufig tief gesungen hatten, weniger oft von den Weibchen betrogen wurden: Sie hatten keine Kuckuckskinder im Nest.

Die männlichen Kohlmeisen stehen damit vor einem Dilemma: Entweder werden sie besser gehört, aber eher betrogen, oder schlechter gehört, aber mit Treue belohnt. Der Lärm der Städte unterlaufe somit den selektiven Vorteil eines tiefen Gesangs, schreiben die Forscher. Außerdem paarten sich Weibchen möglicherweise vermehrt mit weniger robusten Männchen, die höher singen. Diese zeugten eventuell weniger oder weniger fitten Nachwuchs.