Klinik setzt Geh-Roboter für Gelähmte ein
Bad Aibling (dpa) - Gelähmte, die aufstehen und gehen? Ein mobiler Gehroboter soll den Traum vieler Patienten wahr machen. Experten warnen vor zu großen Hoffnungen.
Ein Krankenhaus im bayerischen Bad Aibling setzt dafür nach eigenen Angaben als erste deutsche Klinik dauerhaft einen Gehroboter bei Querschnittgelähmten ein. Im Sommer solle eine Software eintreffen, die zudem die Behandlung von halbseitig gelähmten Schlaganfallpatienten ermögliche, sagte Chefarzt Friedemann Müller von der Schön Klinik am Dienstag. Laut Hersteller-Firma Ekso Bionics wird diese Funktion derzeit in den USA für den Einsatz im Klinikalltag fertiggestellt.
Der Gehroboter „Ekso“ stützt als sogenanntes Exoskelett den Körper so stark, dass auch Gelähmte erstmals wieder aufstehen und gehen können. Die ersten Patienten seien begeistert, sagte Müller. „Sie strahlen. Das Gefühl wieder auf Augenhöhe zu sein, zu stehen und zu gehen - das muss grandios sein.“
Die Ärzte in Bad Aibling wie andere Experten warnen aber vor zu großen Hoffnungen: Das Gerät ist nicht für alle Patienten geeignet. Gelähmte müssen mindestens die Arme einsetzen können, um das Gerät zu bedienen. Schätzungen gingen teils nur von zehn Prozent der Querschnittgelähmten aus.
„Am Ende könnte es sogar auf weniger herauslaufen“, sagte Rüdiger Rupp vom Querschnittzentrum der Uniklinikums Heidelberg. Dort wurde das Exoskelett inzwischen auch an drei ausgewählten Patienten getestet. „Alle diese Betroffenen sagen: Es ist kein Rollstuhlersatz, eher ein Bewegungstraining“, sagte Rupp. Dennoch seien alle Patienten begeistert gewesen. „Ich finde das System genial, aber ich sehe noch nicht den klaren Anwendungsbereich.“
Auch bei den Schlaganfallpatienten müsse genau ausgewählt werden, wer in Frage komme, sagte Müller. Sie müssten unter anderem geistig fit genug dafür sein. Dennoch hoffen die Ärzte, bestimmte Patienten auf dem Weg zu eigenen Schritten zu unterstützen, etwa Querschnittgelähmte mit Restfunktionen.
In Bad Aibling sollen vorerst Patienten behandelt werden, bei denen der entsprechende Unfall nicht länger als 12 Monate zurückliegt. Denn sie haben die besten Chancen auf Besserung. Das Gerät entlaste hier auch Therapeuten, sagte Müller. „Man kann viel mehr Schritte mit Patienten gehen.“ Bisher gibt es zwar bereits ein entsprechendes Gerät zum Gehtraining, das allerdings nicht mobil ist und nur auf einem Laufband anwendbar ist.
Mit dem Exoskelett können Patienten unter Alltagsbedingungen und möglicherweise sogar im Freien trainieren. Das funktioniere auch bei Schlaganfallpatienten, sagte Rupp. „Die Frage ist, ob das Exoskelett gegenüber etablierten Therapien einen Zusatzgewinn bringt. Das muss in Studien geklärt werden.“ Laut Ekso Bionics laufen diverse Studien.
Die Geräte sollen die Durchblutung fördern, Knochenschwund mindern und Gelenke flexibel halten. Wissenschaftlich erwiesen seien diese Effekte aber nicht, schränkte auch Müller ein. „Es gibt es keine Beweise dafür.“ Die Klink werde dafür an einer internationalen Studie teilnehmen. Bis 2014 sollen erste Ergebnisse vorliegen.
Das etwa 23 Kilo schwere Skelett, das rund 100 000 Euro kostet, ist laut Ekso Bionics in 36 Zentren weltweit im Einsatz. Die Technik hatte ihren Ursprung im militärischen Bereich. „Ekso Bionics hat die Technik für den Einsatz im Militär entwickelt“, sagte Manuel Landeira, Vertriebsmanager Europa. Soldaten sollten damit rund 100 Kilogramm Last tragen können, ohne gesundheitliche Schäden zu riskieren. Rund um den Globus sind bei anderen Firmen ähnliche Geräte in Entwicklung, unter anderem in Israel und Japan.