Anpassungsfähigkeit Miesmuschel behauptet sich auch in saurer werdendem Meer

Kiel (dpa) - Die Miesmuschel erweist sich als anpassungsfähig. Selbst unter widrigen Bedingungen und in saurer werdendem Meerwasser pflanze sich die Art bisher erfolgreich fort, berichten deutsche Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Advances“.

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Dem Nachwuchs gelingt es demnach nach wie vor, die lebensnotwendigen Kalkschalen auszubilden, wie ein dreijähriges Projekt der Meeresbiologen zeigte. Untersucht wurden Gemeine Miesmuscheln (Mytilus edulis) über drei Generationen sowie in zwei Lebensräumen - der Kieler Förde in der Ostsee mit zeitweise hohen CO2-Konzentrationen sowie vor Sylt in der Nordsee mit stabileren Verhältnissen.

Die Ostsee-Miesmuscheln erwiesen sich durchaus als fit, wie der Meeresbiologe Jörn Thomsen vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel betonte. „Auf lange Sicht kann man sagen, dass sie sich offensichtlich den Bedingungen anpassen. Die Kieler (Muscheln) waren relativ tough.“ Die Untersuchungen liefen zwischen 2012 und 2014. Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal „Science Advances“ publiziert.

Die Miesmuschel ist ökologisch unter anderem wegen ihrer Wasserfilterung wichtig und zudem vielerorts auch ein Wirtschaftsfaktor. Im Vergleich zu den Sylter Muscheln konnten die Kieler Artgenossen unter schlechten Bedingungen den sogenannten Kalzifizierungsprozess besser gestalten, wie die Forscher berichten. Muschelschalen bestehen aus Kalk, enthalten mithin Kalzium. Je saurer das Wasser in ihrem Lebensraum ist, desto knapper wird der Baustoff für Muschelschalen: Karbonat-Ionen beziehungsweise Kalziumkarbonat. Offensichtlich entwickelten die Kieler Muscheln aber Mechanismen, um die Schalenbildung zu sichern - welche genau, ist noch unklar.

CO2-Emissionen lassen nicht nur die Erdtemperatur steigen, sondern auch die Meere versauern. Steigt in der Atmosphäre der Kohlendioxidgehalt, nimmt die Konzentration des Gases auch in den oberflächennahen Wasserschichten zu. Der pH-Wert des Wassers sinkt. Die Versauerung der Ozeanoberfläche hat seit Beginn der Industrialisierung nach Angaben des Weltklimarats um 26 Prozent zugenommen. Dies bedroht Meereslebewesen wie Korallen oder Muscheln und Schnecken, weil der niedrige pH-Wert die Bildung von Kalkschalen und Skeletten beeinträchtigt. Selbst Fische und insbesondere Fischlarven können geschädigt werden.

„Die Ergebnisse sind faszinierende Hinweise darauf, wie Organismen sich an den globalen Klimawandel anpassen können, vor allem, wenn ihr Schicksal davon abhängt, wie sie sich an versauernde Ozeane gewöhnen“, heißt es bei „Science Advances“. An dem Projekt beteiligt waren das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, das Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven, die Universität Bremen und das Institut Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven.