Navigationssystem der Spermien entdeckt

Bonn (dpa) - Befruchtung ist kein Zufall: Menschliche Spermien finden ihren Weg zur Eizelle gezielt. Einen Schalter für das Navigationssystem haben Bonner Forscher nun entdeckt. Sie sind damit auch einem möglichen Grund von Unfruchtbarkeit auf der Spur.

Das weibliche Sexualhormon Progesteron öffnet nach Erkenntnissen der Wissenschaftler einen Ionenkanal in der Zellhülle der Spermien, durch den Kalzium in die Zelle strömt. Das Kalzium wiederum verstärkt die Aktivität der Spermien und steuere sie in Richtung der Eizelle. Progesteron wird in Zellen produziert, die die Eizelle wolkenartig umgeben und dockt an Rezeptoren der Spermien an. Die Forscher stellen die Funktionsweise des sogenannten CatSper-Kanals im Fachjournal „Nature“ vom Donnerstag vor.

Schon lange sei klar gewesen, dass Spermien nicht zufällig auf die Eizelle treffen, sagte Prof. Benjamin Kaupp, Leiter des sechsköpfigen Forscherteams am Center of Advanced European Studies and Research (Caesar) in Bonn. Auch dass Progesteron anziehend auf Spermien wirkt, war bereits bekannt. Auf welche Weise das weibliche Sexualhormon die Samenzellen jedoch genau anlockt, war unklar.

Kaupp hofft, dass die Erkenntnisse seines Forscherteams dabei helfen werden, einige Ursachen von Unfruchtbarkeit genauer erklären zu können. Bislang könne der Arzt oftmals nicht feststellen, warum ein Mann zeugungsunfähig sei. Aber auch Verhütungsmittel lassen sich möglicherweise mit den Erkenntnissen entwickeln.

„Dass Progesteron die CatSper-Kanäle aktiviert, ist auch medizinisch von großer Bedeutung“, sagte Kaupp laut Pressemitteilung. „Wenn es gelingt, die Wechselwirkung mit dem Ionenkanal spezifisch zu stören, könnte man neue, noch besser verträgliche Verhütungsmittel entwickeln“. Bis dahin sei es jedoch noch ein weiter Weg.

Bei Seeigeln hatten die Bonner Wissenschaftler die Route der Spermien bereits beobachtet. Haben die Seeigelspermien einmal das Lockmittel aufgespürt, nähern sie sich der Eizelle spiralförmig, wie Experimente zeigen. „Sie tanzen sozusagen im Walzer auf die Eizelle zu“, sagte Kaupp. Kaupp vergleicht das Ergebnis auch mit dem Geruchssinn: Ein Hund etwa schnüffelt an mehreren Stellen am Boden, dreht sich vielfach im Kreis, bis er die Quelle des Geruchs ausgemacht hat.