Neuer Ansatz zur Behandlung nach Giftschlangenbiss
London (dpa) - Australische Forscher haben einen neuen Ansatz zur Ersten Hilfe nach einem Schlangenbiss gefunden. Dabei testeten sie eine Salbe, die den Transport des Schlangengiftes durch das Lymphsystem verlangsamen soll.
So soll mehr Zeit gewonnen werden, um die Patienten behandeln zu können. Die Wissenschaftler um Dirk van Helden von der Universität von Newcastle in Callaghan präsentieren ihre Ergebnisse im Journal „Nature Medicine“.
Nach Angaben der Autoren sterben jedes Jahr rund 100 000 Menschen an Schlangengift und den Folgen, bei 400 000 muss nach einem Biss eine Amputation vorgenommen werden. Andere Autoren sprechen von jährlich 421 000 Menschen, die von einer Giftschlange gebissen werden und danach Vergiftungserscheinungen haben, mit etwa 20 000 daraus folgenden Todesfällen.
Viele Schlangengifte enthalten große giftige Moleküle, die nach dem Biss über das Lymphgefäßsystem ins Blut transportiert werden. Das Lymphsystem ist für den Transport von Gewebsflüssigkeit und Eiweißen verantwortlich.
Van Helden und Kollegen simulierten bei Menschen einen Schlangenbiss, indem sie gesunden Probanden eine radioaktiv markierte Substanz in den Fuß spritzten. Mithilfe einer Spezialkamera wurde danach die Geschwindigkeit gemessen, mit der sich die Substanz vom Fuß in Richtung der Lymphknoten in der Leistengegend bewegte. Die Zeit betrug demnach zwischen 4 und 81 Minuten, mit einem Mittelwert von 13 Minuten. Die Versuchsteilnehmer mussten dabei ruhig liegen, um die Lymphgefäße nicht durch Muskelbewegung zu beeinflussen.
Dann rieben die Forscher nach dem simulierten Schlangenbiss die Stelle mit einer Salbe ein. Danach dauerte der Transportweg vom Fuß bis in die Leiste im Mittel 54 Minuten, mit einer Spannbreite von 6,5 bis 162 Minuten. In Versuchen an Ratten, die tatsächlich Schlangengift injiziert bekamen, zeigten die Forscher, dass die Transportdauer der Lymphe mit der Salbe um 6 Minuten verlangsamt wurde, und ein Atemstillstand durch das Gift 31 Minuten später eintrat.
Die Forscher verwendeten für ihre Versuche ein Präparat, das bei Verletzungen im Analbereich eingesetzt wird. Der Inhaltsstoff Glyceroltrinitrat (Nitroglycerin) wird auch als Mittel bei Herzerkrankungen eingesetzt. Laut van Helden hat der Wirkstoff aber auch einen Einfluss auf das Lymphsystem, in dem er bestimmte Pumpmechanismen darin beeinträchtigt.
Das den Tieren verabreichte Schlangengift stammte von der in Australien heimischen Östlichen Braunschlange (Pseudonaja textilis). Weil nicht alle Schlangengifte gleich wirken und gleiche Schäden verursachen, müssten noch andere Gifte mit dem neuen Ansatz untersucht werden, heißt es in „Nature Medicine“.