Pilze beendeten das Kohlezeitalter

Washington (dpa) - Vor etwa 300 Millionen Jahren endete der Zuwachs an Steinkohle recht plötzlich. Schuld daran waren offensichtlich Weißfäulepilze. Die hatten ein Enzym entwickelt, dass den zur Steinkohlebildung nötigen Pflanzenstoff Lignin spaltet.

Das berichtet ein Team um Dimitrios Floudas von der Clark University in Worcester (USA) im Fachjournal „Science“. Zukünftig wollen die Wissenschaftler mit Weißfäulepilzen die Produktion von Biokraftstoffen erleichtern. Denn hier ist Lignin hinderlich.

Das internationale Forscherteam hatte das Erbgut verschiedener Weißfäulepilze mit dem von Braunfäulepilzen verglichen. Letztere können Lignin nicht spalten. Der genetische Unterschied lässt darauf schließen, dass die Weißfäulepilze vor 290 Millionen Jahren das Lignin spaltende Enzym entwickelten und zugleich eine eigene Gattung bildeten. Zum selben Zeitpunkt endete auch das Karbon, das Steinkohlezeitalter, indem die noch heute geförderte Steinkohle entstand. Ein Zufall?

Die Wissenschaftler sehen einen direkten Zusammenhang. Damit aus Pflanzenmaterial mittels Druck und unter Sauerstoffausschluss Steinkohle wird, darf es zuvor nicht verrotten. Davor schützt es der Baustoff Lignin. Er macht zum Beispiel Holz für viele Pilze unverdaulich. Mit dem Aufkommen der ligninzersetzenden Pilze war dieser Schutz nicht mehr vorhanden.

„Die urtümlichen Mikroorganismen hatten Enzyme entwickelt, mit denen sie das bis dahin extrem widerspenstige Lignin knacken konnten“, sagte der an der Studie beteiligte Forscher Ángel Martínez laut Spanish National Research Council. Die abgestorbenen Pflanzen zerfielen, bevor sie zu Steinkohle wurden.

Nach Angaben der National Science Foundation der USA wollen die Forscher die Weißfäulepilze bald nutzen, um die selbst für Bakterien in der Regeln unverdaulichen Lignin-Cellulose-Netzwerke vieler Pflanzen zu knacken. So könnten die darin enthaltenen Zucker für die Produktion von Biotreibstoffen genutzt werden.

Der Bioenergieexperte Bernd Krautkremer vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik sieht das große Potenzial der ligninspaltenden Pilze: „Das Problem von Biokraftstoffen ist ja die Konkurrenz zu Lebensmitteln.“ Mit Hilfe der Pilze könne man auch die stark ligninhaltigen Pflanzenteile wie Holz oder Stroh verwenden, sagte Krautkremer, der nicht an der Studie beteiligt war. Der so produzierte Biokraftstoff berge weniger Probleme. Denn diese Ausgangsstoffe sind ohnehin unverdaulich für den Menschen und die meisten Tiere.