Software-Riese SAP will Erbgut-Analyse beschleunigen
Aufsichtsratschef Hasso Plattner erklärt, was das Unternehmen für Fortschritte in der Medizin leisten kann.
Stuttgart. Krebs, Autismus, Diabetes — die Medizin setzt bei Therapien immer stärker auf Wissen über das menschliche Erbgut. Ein Problem: die Computerleistung dafür. Europas größter Softwarehersteller SAP versucht mit seiner schnellen Datenbank, den Durchbruch zu schaffen, sagt Aufsichtsratschef Hasso Plattner.
Herr Plattner, SAP hat mit der Echtzeit-Datenbank Hana ein Pilotprojekt in der Berliner Charité. Machen Sie sich auf zu neuen Ufern im Gesundheitssystem?
Plattner: Es gibt den Trend im Gesundheitssystem, dass alles teurer wird. Der Ausweg ist sicher nicht, immer mehr Leistungen zu kürzen oder zu sagen „Wir können uns das als Staat nicht mehr leisten“. Also gibt es nur einen Weg — die präventive Medizin zu verbessern, so dass wir gar nicht krank werden. Oder wenn wir eine Veranlagung dazu haben, dass wir das im Vorhinein eindämmen.
Wann kommen Sie ins Spiel?
Plattner: Wir haben eine superschnelle Datenbank gebaut, Hana. Daraus ist die Zusammenarbeit mit der Berliner Charité zustande gekommen, wo wir einen Prototyp gebaut haben — den Oncolyzer für die personalisierte Krebstherapie. Er bringt Erfahrungen aus vielen medizinischen Patientenberichten und Fakten über die Patienten zusammen, um Wechselbeziehungen bei den Krankheitsfällen zu finden und in kurzer Zeit statistische Aussagen machen zu können. Das geht mit Hana so schnell, dass dies bei der Patienten-Visite der Ärzte möglich ist. Aber es geht auch um grundlegendes Forschen an Stellen, an denen große Datenvolumina umgewälzt werden.
SAP ist ein Treiber für Grundlagenforschung in der Medizin?
Plattner: Das Charité-Projekt beachtet nicht nur Alter, Größe, Gewicht, Geschlecht, Blutgruppe, Organwerte oder Fakten über die Eltern und Familienherkunft. Sondern es geht um die genetische Definition eines Individuums — also das Genom bzw. menschliche Erbgut — das ist der reichere Schatz mit Millionen von Informationen, die auf Krankheitsrisiken hinweisen können. Die ganze Welt arbeitet an der Erstellung menschlicher Genomen — aber der Preis ist hoch: Das Analysieren von DNA ist teuer und dauert.
Was genau leistet SAP dabei?
Plattner: Im Labor wird das menschliche Genom, also das Erbgut, in Abschnitten analysiert. Als Resultat kommen ungeordnete Datensätze heraus. Der erste Schritt ist, aus diesem ungeordneten Datenhaufen das komplette Genom wieder aufzubauen. Diesen Schritt haben wir deutlich beschleunigt. Im nächsten Schritt geht es darum, dieses Genom mit Referenzgenomen abzugleichen und zu prüfen, wo es Abweichungen gibt, die möglicherweise Gesundheitsrisiken bedeuten könnten.
Schritt drei ist, in einer Datenbank nach ähnlichen Genom-Varianten zu suchen, die medizinischen Aufzeichnungen über die dazugehörigen Personen abzugleichen und Rückschlüsse bezüglich wahrscheinlicher Krankheitsbilder und deren effektivster Behandlung zu ziehen. Bei diesem Prozess kommen etliche Terabyte an Daten zusammen, bei deren Analyse wir mit Hilfe von Hana dramatische Leistungsverbesserungen erzielen können.