Studie erklärt Diskrepanz zwischen Klimasimulationen und Erderwärmung

Hamburg (dpa) - Die Erdoberfläche hat sich in den 15 Jahren bis 2012 nicht so stark erwärmt wie in Klimamodellen vorhergesagt. Das liegt nach Ansicht von Forschern aber nicht an mangelhaften Modellen, sondern an den zufälligen Klimaschwankungen.

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Dies ist das Ergebnis einer statistischen Analyse des Hamburger Wissenschaftlers Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie und seines Kollegen Piers Forster von der englischen Universität Leeds, die im britischen Fachblatt „Nature“ veröffentlicht wird.

Die Behauptung, Klimamodelle würden die Erwärmung durch zunehmende Treibhausgase systematisch überschätzen, sei falsch, betont Marotzke. Im Großen und Ganzen stimmten simulierte Trends und Beobachtungen überein. „Die Erderwärmung wird am Ende dieses Jahrhunderts also höchstwahrscheinlich gravierende Ausmaße erreicht haben — wenn die Weltgemeinschaft nicht endlich beherzt dagegen vorgeht“, heißt es in einer Mitteilung zur Studie.

Nachbesserungen bei den Modellen zur Klimaentwicklung gibt es durchaus immer wieder: Erst kürzlich hatten US-Forscher in „Nature“ berichtet, dass der Meeresspiegel im vergangenen Jahrhundert insgesamt womöglich weniger stark angestiegen ist als bisher angenommen. Dies hatte eine Neuauswertung der vorhandenen Messdaten ergeben. Seit etwa 1993 sei der Meeresspiegel dann erheblich stärker angestiegen als in den Jahrzehnten zuvor, erläuterten die Forscher.

Die zuvor angenommenen Werte von etwa 1,6 bis 1,9 Millimetern Anstieg pro Jahr waren vielen Experten bereits seit längerem zu hoch vorgekommen. Die Neuberechnung kommt für die Jahre zwischen 1901 und 1990 zu einem jährlichen Anstieg des Meeresspiegels von etwa 1,2 Millimetern, für die Jahre zwischen 1993 und 2010 von etwa 3 Millimetern.

Auch bei den Temperaturen gab es auffällige Diskrepanzen zwischen Modell und Wirklichkeit: Über den Zeitraum 1998 bis 2012 ist die Temperatur der Erdoberfläche nur um etwa 0,06 Grad Celsius und somit viel schwächer gestiegen, als die im IPCC-Klimabericht berücksichtigten Modellsimulationen vorhergesagt hatten. Die Modelle gaben Werte zwischen 0,06 und 0,6 Grad aus, im Mittel wurde eine Erwärmung um 0,32 Grad errechnet, erläutert Marotzke. Dieser Diskrepanz wurde mit der statistischen Analyse nun nachgegangen.

Die Forscher verglichen dazu in einem ersten Schritt die 114 Simulationen mit den tatsächlichen Beobachtungen. Die Frage war, ob die Simulationen zu empfindlich sind, gewisse Faktoren zu stark gewichten und darum zu starke Erwärmungen vorhersagen. Wäre dies der Fall, müssten die empfindlichsten Modelle die stärkste Erwärmung vorhersagen, erklärt Marotzke. Davon könne aber keine Rede sein. Vor allem reagierten sie nicht prinzipiell zu empfindlich auf eine Erhöhung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre. Vielmehr seien es Chaos und Zufall im Wettergeschehen, die den Klimaforschern die Arbeit erschwerten.

Doch warum kommen die Simulationen zu unterschiedlichen Ergebnissen? Neben dem Zufall kommen Marotzke und Forster zufolge drei physikalische Größen infrage: Da ist zunächst einmal die Menge an Strahlungsenergie, die auf der Erde zurückgehalten wird, zum Beispiel durch höhere CO2-Konzentrationen. Die Modelle gehen hier von unterschiedlichen Intensitäten aus. Die Modelle reagierten zudem unterschiedlich empfindlich auf solche Veränderungen der Strahlungsenergie.

Und drittens haben die Modelle verschiedene Annahmen, wie viel Temperatur die Ozeane - zumindest vorübergehend - speichern. Fazit: Keiner der physikalischen Gründe erklärt die Streuung der Prognosen und die Abweichung von den Messungen, der Zufall dagegen sehr wohl. „Langfristig können wir uns auf die Klimamodelle verlassen“, sagt Marotzke. „Und diese sagen, dass die Erwärmung auf uns zukommt.“

Die Phase langsamerer Erwärmung könnte ohnehin schon wieder zu Ende gehen: Das Jahr 2014 war weltweit das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1880. Das ergaben kürzlich vorgestellte Messungen der Weltraumbehörde Nasa und des US-Wetteramtes NOAA. 2014 sei zudem ein Rekordjahr gewesen, obwohl das Klima nicht wie sonst bei Ausreißern vom El-Niño-Phänomen geprägt war. Die weltweite Durchschnittstemperatur lag demnach bei 14,6 Grad Celsius, etwa 0,8 Grad über dem langjährigen Durchschnitt des 20. Jahrhunderts. Die bisherigen Rekordjahre waren 2005 und 2010.