„Nicht glaubwürdig“ Trinkwasser-Studie zu Mikroplastik in der Kritik

Berlin (dpa) - Bei Umweltschützern ist es gerade eines der heißesten Themen: Mikroplastik. Die winzigen Teilchen, die aus Kleidung, Kunststoffprodukten oder auch aus Kosmetika stammen, gelangen in die Umwelt.

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Das macht Forschern Sorge. Ihr Fokus liegt bislang vor allem auf den Ozeanen. Aber gelangen die Partikel auch ins Trinkwasser? Eine Untersuchung im Auftrag des Journalistennetzwerks Orb mit Sitz in der US-Hauptstadt Washington kommt zu genau diesem Schluss. Deutsche Experten lassen allerdings kein gutes Haar an den Ergebnissen.

Journalisten, Freiwillige und Wissenschaftler hatten für Orb auf fünf Kontinenten jeweils Leitungswasser in Flaschen abgefüllt. Dabei folgten sie einer bestimmten Anleitung, um Verunreinigungen zu vermeiden. Zur Hälfte waren die Proben Leitungswasser entnommen, das die Einheimischen nicht ungefiltert trinken würden, schreiben die Forscher selbst.

Die Wasserproben wurden an ein Labor der US-amerikanischen Universität von Minnesota geschickt. Dort untersuchten Forscher insgesamt 159 Proben auf Mikroplastik-Partikel ab 100 Mikrometer. In 62 Prozent der Fälle wurden den Forschern zufolge mindestens zwei Partikel nachgewiesen. Wurde nur ein Partikel gefunden, liege dies im Fehlerbereich des Verfahrens. Die Forscher fanden im Schnitt 4,34 Teilchen pro Liter, der höchste gemessene Wert war 57 Teilchen pro Liter.

Im Auftrag der „Bild“-Zeitung wurden auch mehrere Proben aus Deutschland analysiert. In Hamburg und Dortmund fanden die Forscher demnach durchschnittlich 2,5 Teilchen pro Liter. Eine Probe aus dem Deutschen Bundestag war unbelastet.

Deutsche Experten sehen die Untersuchung von Orb sehr kritisch. „Die Befunde sind nicht besorgniserregend und die Befunde mit sehr geringen Konzentrationen auch nicht glaubwürdig“, sagt Ingrid Chorus, Trinkwasserexpertin beim Umweltbundesamt (Uba). Zwei bis zehn Plastikteilchen pro Liter seien sehr wenig: „Das sagt nichts aus, das ist Grundrauschen.“

Chorus ärgert sich über die grundsätzliche Herangehensweise bei der Bewertung als Gesundheitsgefahr: „Es gehört nicht ins Trinkwasser, aber wie gefährlich etwas ist, kommt immer auf die Konzentration an. Die Ja-Nein-Betrachtungsweise ist einfach grundfalsch.“ Ob Mikroplastik für den Menschen gefährlich sein kann, sei nicht allgemein zu beantworten, sagt Chorus. Das Thema sei bislang wenig erforscht, außerdem müsse man verschiedene Plastikarten unterscheiden.

Jörg Drewes, Experte für Siedlungswasserwirtschaft an der TU München, sieht in dem mikroskopische Messverfahren die „größte Schwäche“ der Untersuchung. Studien hätten jüngst gezeigt, dass diese Methode zu Fehl- und Überbefunden führe. So könnten beispielsweise Baumwollfasern fälschlicherweise als Mikroplastik identifiziert werden. Außerdem weist Drewes darauf hin, dass mögliche Kontaminationen aus der Umgebungsluft oder in den Gefäßen nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Auch wenn die Untersuchung des Journalisten-Zentrums bei Experten nicht gut wegkommt, ist Mikroplastik in Nahrung und Wasser ein Thema, das Forscher beschäftigt. Bislang fehlen aber noch Studien mit verlässlichen Methoden, die Konzentrationen von Mikroplastik im Trinkwasser unter die Lupe nehmen, sagt Chorus vom Uba.