US-Studie: Mehr HIV-positive Schlaganfallpatienten
San Diego/Saint Paul/Hamburg (dpa) HIV-Patienten haben einer US-Studie zufolge möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle. Die Ergebnisse zeigten, dass die Zahl der Klinikaufenthalte aufgrund von Schlaganfällen in den USA zwar innerhalb eines Jahrzehnts um sieben Prozent gesunken sei.
Das sagte Studienautor Bruce Ovbiagele von der Universität von Kalifornien in San Diego. Jedoch sei die Zahl der HIV-positiven Schlaganfallpatienten um 60 Prozent gestiegen. Gründe dafür könnten Nebenwirkungen der antiretroviralen Medikamente sein, die HIV/Aids-Patienten lebenslang einnehmen müssen. Auch ein Zusammenspiel verschiedener Stoffwechselprozesse und die Aidsviren selbst könnten die Ursache sein. Die Studie ist im Fachblatt „Neurology“ nachzulesen.
Es sei eigentlich als Erfolg der HIV-Therapie zu werten, dass die Patienten inzwischen so alt werden, dass sie an einem Schlaganfall erkranken, sagte der Aidsexperte Jan van Lunzen vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Auch in Deutschland rücke die Behandlung von klassischen Alterserkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall bei HIV-Patienten zunehmend in den Fokus des Interesses. Belastbare deutsche Zahlen über einen Zusammenhang gebe es aber seines Wissens noch nicht.
Die US-Wissenschaftler analysierten landesweite Daten über Klinikaufenthalte mit der Diagnose Schlaganfall zwischen 1997 und 2006. Die vermehrt gezählten Schlaganfälle bei den HIV-Patienten wurden überwiegend durch Blutgerinnsel hervorgerufen, die Gefäße im Gehirn verstopfen und somit zu Schäden der Nervenzellen führen. Das Durchschnittsalter der HIV-Patienten mit Schlaganfall habe bei 50 Jahren gelegen, sagte Ovbiagele. Sie waren damit jünger als andere Patienten ohne die Infektion.
Laut van Lunzen setzt die durch die Aidsviren ausgelöste Aktivierung des Immunsystems eine vorzeitige Alterung der Gefäße in Gang. Zudem wisse man, dass eine Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten zu Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes führen könne. Auch seien unter HIV-Patienten überdurchschnittlich viele Raucher zu finden. All diese Faktoren gingen generell mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle oder Herzinfarkte einher.
Die Herausforderung lautet den US-Forschern zufolge nun herauszufinden, welche Rolle die antiretroviralen Medikamente spielen. Dazu müsse auch geklärt werden, ob beispielsweise Herzinfarkte ebenfalls bei den HIV-Patienten verstärkt auftreten. Im Jahr 2006 erlitten den Daten zufolge knapp 927 000 Menschen in den USA einen Schlaganfall (im Jahr 1997: knapp 999 000). Mehr als 1 400 davon waren HIV-positiv (im Jahr 1997: 888).