Wissenschaftsmagazin zieht 60 Studien wegen Betrugsvorwurf zurück
London/Taipeh (dpa) - Das Wissenschaftsmagazin „Journal of Vibration and Control“ (JVC) hat 60 Studien zurückgezogen, weil Zweifel an der Glaubwürdigkeit aufgetaucht sind. Der Autor Peter Chen soll den Begutachtungsprozess der Studien manipuliert haben, teilte das Magazin mit.
Chen hatte bis Anfang Februar 2014 an der National Pingtung University of Education (NPUE) in Taiwan gearbeitet. Er habe bei der Manipulation Helfer gehabt, die ebenfalls an der NPUE tätig gewesen seien.
Die 60 Studien behandeln unter anderem Themenbereiche wie Robotersteuerung, neurale Netzwerke und Medizintechnik. Zwölf der zurückgezogenen Artikel sind nur online erschienen. 48 Artikel wurden in dem Journal abgedruckt. Der Verdacht wurde nach Verlagsangaben 14 Monate lang untersucht, bis nun die Öffentlichkeit informiert wurde. Ein Unbeteiligter habe den Verlag informiert und damit die Untersuchung angestoßen.
Sage Publications ist ein international tätiger Wissenschaftsverlag, der mehr als 600 wissenschaftliche Journale herausgibt.
Der damalige Herausgeber des Magazins, Ali H. Nayfeh, hatte Chen demnach mit den Vorwürfen konfrontiert. Er habe wiederholt keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Daraufhin wurde im September 2013 die National Pingtung University of Education über den Vorwurf informiert. Seitdem habe die Universität zusammen mit dem Wissenschaftsmagazin in dem Fall recherchiert.
Die Artikel im JVC werden nach dem bei wissenschaftlichen Magazine durchaus gebräuchlichen Peer-Review-Verfahren geprüft. Dabei begutachten Wissenschaftler mit ähnlichem fachlichen Hintergrund die Arbeit eines Kollegen. Am Peer-Review-Verfahren wird kritisiert, dass die Neutralität der Gutachter nicht gewährleistet werden kann.
Insgesamt wurden 130 manipulierte E-Mail-Adressen identifiziert, erklärte Sage der dpa. Selbst als den Besitzern der E-Mail-Adresse ein Rückruf ihrer Studien in Aussicht gestellt wurde, reagierten sie nicht. Chen habe mindestens einmal seine eigene Arbeit als Gutachter abgesegnet. Der Verlag will Schritte eingeleitet haben, um einen solchen Betrugsfall in der Zukunft auszuschließen.