Zahnärzte schlagen Alarm: Nuckelflaschenkaries bei Kindern

Berlin (dpa) - Schwarze Stummel statt gesunder Milchzähne: Schon Kleinkinder liegen auf dem OP-Tisch, um ihr Gebiss saniert zu bekommen. Zahnärzte fordern nun Vorsorgeuntersuchungen für Säuglinge.

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Bereits bei Zwei- und Dreijährigen müssten Milchzähne gezogen oder Wurzeln gefüllt werde, sagte Christian Splieth, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde.

Ein besonderes Problem sei das Unwissen über Zahnpflege in sozial schwachen und bildungsfernen Elternhäusern. In sozialen Brennpunkten komme Karies bei bis zu 40 Prozent der Kleinkinder vor, sagte Splieth. Sonst lägen die Raten bei 10 bis 15 Prozent.

Die Zahnärzte fordern für Kleinkinder deshalb Vorsorgeuntersuchungen in ihren Praxen vom sechsten Lebensmonat an. Bisher sind sie ab dem 30. Monat vorgesehen. Bis dahin machen Kinderärzte die klassischen Früherkennungsuntersuchungen. Die gesetzlichen Krankenkassen lehnten den Vorstoß am Freitag ab.

„Karies wird zunehmend zu einer sozialen Erkrankung“, sagte Wolfgang Eßer, Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Zahnärzte beobachten eine Polarisation: Es gebe viele Kleinkinder mit richtig guten Zähnen - und wenige mit sehr schlechten.

Ein Grund für die Negativ-Entwicklung sei häufig mangelndes Wissen bei Eltern, sehr oft in Migrantenfamilien. Sie füllten Nuckelflaschen zum Beispiel mit süßen Getränken - eine Ursache für frühen Karies. Eltern ohne gute Bildung wüssten oft auch nicht, dass sie bereits Säuglinge die ersten Milchzähne mit fluoridhaltigen Pasten putzen müssten. „Das sind nur ein bis zwei Minuten am Abend“, sagte Eßer. „Aber man muss das wissen.“

Generell ist Karies nach Angaben der Zahnärzte bei Kindern und Jugendlichen stark zurückgegangen. Nur bei den Jüngsten bis drei Jahren gebe es keine Entwarnung.

Die gesetzlichen Krankenkassen lehnten Forderungen nach früheren Vorsorgeuntersuchungen in Zahnarztpraxen am Freitag ab. „Gerade weil Karies bei kleinen Kindern kein durchgängiges Problem ist, sondern nur bei bestimmten Elterngruppen auftritt, sollten die klassischen Früherkennungsuntersuchungen beim Kinderarzt bleiben“, sagte Sprecherin Ann Mariani. Idealerweise kenne der Kinderarzt seine jungen Patienten von Geburt an, so dass er Eltern früh aufklären und beraten könne.