„Wuppertal, meine Heimat, bereichert mich“
In der diesjährigen Weihnachtsausgabe widmet sich die WZ dem Thema "Reichtum durch..." In dieser Folge geht es um Heimat. Dörte Bald aus Heckinghausen spricht über die Liebe zu ihrer Heimatstadt – und ihr Leben nach der Bergischen Seifenoper.
Wuppertal. Dörte Bald ist ein Küchenmensch. Und die Küche der wohl bekanntesten ehemaligen Nagelstudio-Inhaberin macht so einiges her: Eine alte Wohnküche aus den 50er Jahren, neu lackiert - mit großen, roten Holzknöpfen, mintfarbenen Schubladen und alten Fliesen. Gemütlich. "Hier kann ich gut über Heimat sprechen", sagt sie. In der "Bergischen Seifenoper" - der Kultserie zur Völkerverständigung zwischen Barmern und Elberfeldern - hatte sie einst als "Dörte aus Heckinghausen" mit skurrilen Texten (etwa das Lied vom einsamen Tapir) den Wuppertalern die Tränen in die Augen getrieben.
Man könnte ja auch vermuten, alles sei irgendwie Barmen - aber weit gefehlt. Da kennt sie sich aus. Denn bis auf eine kurze Zeit, in der sie für ihr Gesangsstudium nach Köln zog, ist Bald ihrer Heimatstadt Wuppertal treu geblieben. "Auf der Bühne zu stehen, ohne sich anzustrengen, ohne besonders klingen zu müssen, einfach Spaß zu haben - das war toll", sagt sie zu ihrer Entscheidung, nach dem Musikstudium Comedy zu machen.
Was die Komödiantin reizte: "Die ’Bergische Seifenoper’ ist Wuppertal pur." Die Figuren, Dörte, Rainer, der Fensterputzer oder die "olle Meckerfott" Frau Reuter, sprachen im Dialekt, nach Bald ein Muss für jeden Wuppertaler. "Ich habe ein Testwort, um herauszufinden, ob jemand wirklich Wuppertaler ist, sagt sie und wirkt dabei völlig ernst: "Äioa Schnäidoa" (Eierschneider). Das "Äioa" muss man erst mal beherrschen - sagt sie.
Auch der Humor sei ein besonderer. Der Wuppertaler sei "bott"; wortkarg, direkt. "Ich liebe das." Der Witz sei "ein schneller, direkter Schlagabtausch - ohne dass man verletzend wird."
"Dörte aus Heckinghausen" spiegele das wieder, was Wuppertal ist: "Sie ist ein wenig altmodisch, gibt sich mit dem Kleinen, Einfachen zufrieden, hat das Herz am richtigen Fleck." Das mache auch die Stadt so liebenswert. Es sei ein ganz besonderer Charme, den Wuppertal habe - "wenn man ihn erkennt, versteht man auch die Figur", sagt sie, und überlegt: "Wuppertal bereichert mich privat wie auch beruflich." Sie mag das Übersichtliche, das Persönliche, "weil es mehr Nähe gibt". Als Künstlerin könne man sich da frei entfalten, sich ausprobieren. Es gebe in Wuppertal kein Überangebot. "Die Wege sind kurz, es gibt viele Vernetzungen. Ich kenne einfach viele".
Das habe auch viele besondere Leute hervorgebracht, beispielsweise Peter Kowald und die Jazz-Szene. Diese kreative Freiheit, die sei auch der Grund gewesen, mit Dörte aus Heckinghausen aufzuhören. "Je populärer die Figur wurde, desto anstrengender." Heute steht die Dozentin für Gesang an der Bergischen Musikschule gern mal hinter der Bühne und erfindet Geschichten. Ihr aktuelles Projekt: die musikalische Adventsgeschichte "Luise schwebt" des Kinder- und Jugendtheaters in der alten Feuerwache.
Privat erkundet sie die Gegend: einfach von der Haustüre weg, in den Barmer Wald, oder auch ins Bergische Land wandern. "Es gibt immer noch etwas zu entdecken". Die Erreichbarkeit sei es, die sie so schätze. "Ich setze mich in die Linie 634, fahre in die Elfringhauser Schweiz und bin glücklich. Reichtum hat viel mit Wertschätzung zu tun. Ich habe alles, was ich brauche: Geborgenheit, Freunde, Familie. Es muss nicht immer höher schneller weiter gehen. Alles was hier ist, reicht mir - in Wuppertal bin ich zu Hause."