Zeit zum Luftholen: Helge Schneider macht Pause
Berlin (dpa) - Er ist ein skurriler Unterhaltungskünstler, ein gewitzter Wortakrobat, ein hervorragender Musiker - und er polarisiert.
Für manche ist das Multitalent Helge Schneider ein Unikum mit ziemlich speziellem Humor, für andere ein Kult-Star und für einige eine „singende Herrentorte“, wie er sich selber nennt - Geschmackssache eben und eine Klasse für sich. Doch jetzt ist dem Meister der Anarcho-Blödelei buchstäblich die Luft ausgegangen. Der 55-Jährige, der wegen Erschöpfungszuständen und Atemnot in den vergangenen Monaten mehrere Konzerte abbrechen musste, nimmt eine Auszeit bis August.
„Helge ist urlaubsreif. Er wird jetzt gründlich untersucht und der Arzt bestimmt, wie lange er pausieren wird“, sagte der Manager des Entertainers und Musikers, Till Oellerking, der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch. Schneider selber will sich erstmal nicht äußern.
Dass der Künstler an einem Burn-out leidet, wollte Oellerking nicht bestätigen. „Ich glaube eigentlich nicht, dass es das ist. Aber so eine Tournee ist sehr anstrengend: Jeden Tag ist man in einer anderen Stadt, in einem anderen Saal und dauernd mit unheimlich vielen Leuten zusammen. Man kommt nie zur Ruhe. Aber nach Jahren brauchen Körper und Geist dann mal Ruhe.“
Was war passiert? „Helge musste immer an derselben Programm-Stelle von der Bühne. Er hat sich bei einem unheimlich schnellen Vibraphon-Solo verausgabt und bekam dann keine Luft mehr“, sagte Oellerking. „Es verunsichert ihn natürlich, dass da etwas ist, was er nicht einschätzen kann. Er ist ja ein Mensch, der gern alles unter Kontrolle hat. Da ist es unmöglich, mit dieser Unsicherheit auf die Bühne zu gehen“, sagte der Manager. „Stress ist im Tourneeleben normal. Aber wenn der Körper nach Jahren keine Lust mehr hat mitzuspielen, dann muss man auf die Bremse treten.“
Ist dem Künstler aus Mülheim/Ruhr alles zu viel geworden? Hat er sich bei seiner Tour „Buxe voll!“ verausgabt? Machte ihn der Erfolgsdruck atemlos? Wie lässt sich das alles so wegstecken - Bücher schreiben, Lesungen veranstalten, Fernsehauftritte, Jazzkonzerte, Filme, lange Tourneen - und ein bewegtes Privatleben mit sechs Kindern, das jüngste ein Jahr, die ältesten an die 30?
Auf seiner Homepage lässt Helge seine Fans wissen: „Es tut mir wirklich leid, Leute, Ihr wisst ja, dass ich unheimlich gern auftrete. Ich hab's wirklich versucht, aber ich brauche jetzt Urlaub und muss mich erholen. Wir sehen uns im August wieder!“
Auch anderen Prominente haben schon wegen Erschöpfung eine Auszeit nehmen müssen. DJ Ötzi machte 2007 Pause und verriet in einem Interview: „Es war schlimm. Die Welt passte nicht mehr zusammen. Mein Erfolg hat mich depressiv gemacht!“ Schlagersängerin Michelle traf es 2004: „Meine Batterien waren leer!“, sagte sie damals - und suchte Hilfe in einer Klinik. TV-Promi Bruce Darnell berichtete 2005 ebenfalls ganz offen von einem Burn-out. „Ich war leer. Ich fühlte mich nicht mehr als Mensch, hatte keine Orientierung mehr!“
Fernseh-Koch Tim Mälzer klappte 2006 zusammen und sagte einmal, es war, als seien ihm „die Stromkabel durchgeschnitten“ worden. Der Sänger Patrick Nuo schilderte seine Krise so: „Ich hatte plötzlich auf meine große Leidenschaft, die Musik, überhaupt keinen Bock mehr, habe keinen Song mehr zustande gebracht. Ich war völlig ausgebrannt.“ Der Bestseller-Autor Frank Schätzing sprach über sein Ausgebranntsein, Rosenstolz-Sänger Peter Plate sagte eine Tournee ab, und die Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel, die Lebensgefährtin der Fernsehmoderatorin Anne Will, beschrieb ihr Burn-out-Syndrom in einem Buch auf mehr als 200 Seiten.
Rappelt sich Helge - was auch immer er hat - bis August wieder auf? „Wir warten jetzt mal ab, was die Ärzte sagen. Wenn die Ruhepause nicht reicht, wird sie eben verlängert“, sagte Oellerking und versicherte: „Deprimiert wirkt er jedenfalls überhaupt nicht, eigentlich sehr entspannt.“