Zu Besuch in der Clownschule
Hamburg (dpa) - Auch Lustigsein will gelernt sein. Eine Hamburger Clownschule bietet Weiterbildungen zum Spaßmacher an. Regeln brechen und Grenzen überschreiten gehört hier zum Programm.
Klatsch! Das kam überraschend: Ilona Wilcken hat Manuel Beck eine kräftige Ohrfeige verpasst. Erstaunt reibt er sich die Wange, blickt sie ungläubig aus großen Augen an. „Hau noch mal zu, Ilona“, ruft eine Stimme aus dem Off.
Die 67-jährige Ilona Wilcken und der 22-jährige Manuel Beck sind 2 von 19 Teilnehmern eines Lehrgangs der Schule „Clown.werden“. Innerhalb eines Jahres, an 13 Wochenenden, entwickeln sie hier ihre eigene Clownspersönlichkeit. 190 Euro kostet ein Wochenende. Wenn die Schüler ihre Ausbildung abgeschlossen haben, können sie auf der Bühne auftreten, auf der Straße, auf Festen, sagt Schulleiterin Uli Tamm.
Das können sie im Prinzip auch ohne Prüfung - die Ausbildung zum Clown ist nicht gesetzlich geregelt. Es gibt zwar zwei Abschlüsse mit staatlichem Diplom, in Hannover und Mainz, zudem einige Privatschulen wie die von Uli Tamm. Doch die Tätigkeit als Clown ist ein freier Beruf, prinzipiell darf sich also jeder so nennen. Aber natürlich hilft es, wenn man ein paar Tricks lernt.
In Gruppen von fünf bis sieben Schülern schleichen, latschen und trippeln die Clownschüler umher, bekleidet mit T-Shirt und Sporthosen, und natürlich: roten Nasen. Es ist warm im Raum, die Teilnehmer schnaufen und schwitzen. Einer der beiden Männer im Kurs flattert mit den Armen und knattert wie ein lebendiger Hubschrauber über die Bühne: „Pfffffffrrrrrrrrrrr!“
Tamm steht daneben, ruft immer wieder dazwischen. „Immer auf der neugierigen Spur bleiben, immer naiv“, ruft sie. „Nicht sagen - empfinde es, zeige es!“ Und, ganz wichtig: „Für Clowns ist alles Spiel!“
Zu einem gelungenen Auftritt gehört auch eine gute Figur - und die entwickeln die Clownaspiranten unter Tamms Leitung. „Sie sollen ihr clowneskes Potenzial erkennen“, sagt sie. Dazu gehört etwa, spontan auf andere Menschen zu reagieren, mit Mimik und Gestik zu übertreiben. „Ein Clown zeigt jedes Gefühl, das er hat.“
„Der Clown ist ein Grenzüberschreiter“, erläutert Tamm. In der heutigen Gesellschaft lerne man eigentlich, sich zurückzuhalten. Nicht aber der Clown: Er macht Fehler, bricht Regeln, weiß oft nichts. „Die Grundhaltung ist immerwährende Neugierde, im Grunde die Naivität des Kindes, auch die Spontaneität des Kindes“, sagt Tamm.
Kind spielen - Clowns dürfen das. Und auch kranke Kinder können sie zum Lachen bringen, wie es etwa diverse Krankenhausclowns tun. Dazu müssen sie allerdings zunächst noch den sensiblen Umgang mit den Patienten lernen, quasi als Aufbaustudium.
Dann können sie kranken Kindern Trost spenden. So sind mehr als 200 Clowns aus 10 Vereinen im „Dachverband der Clowns für Kinder im Krankenhaus“ organisiert. Die im Verband zusammengeschlossenen Clowns besuchen jährlich mehr als 130 000 Kinder in Krankenhäusern, zudem 20 000 Menschen in Heimen und Pflegestationen.
Auch Manuel Beck und Ilona Wilcken wollen mal kranke Kinder zum Lachen bringen. Der junge Mann arbeitet als Pfleger in einem Berliner Altenheim. „Schon als Kind wollte ich ein Clown sein“, sagt er. Ilona Wilcken hat als Krankenschwester auf der Anästhesie-Station gearbeitet. „Deshalb weiß ich, wie es im Krankenhaus ist.“ Und durch den Clownkurs lerne sie sich selbst besser kennen. „Das ist eine Erfahrung, die fehlt uns allen. In jedem steckt ein Clown.“