Anja Weber soll den DGB in NRW führen
Porträt des Tages Die Diplom-Politologin steht heute zur Wahl. Respekt ist ihr wichtig.
Anja Weber (56) ist es nach eigenem Bekunden nicht leicht gefallen, sich von ihrem bisherigen Job zu trennen. Seit 2014 ist die Diplom-Politologin Landesschlichterin im Arbeitsministerium in NRW. Da hat sie sich immer dann eingebracht, „wenn es in Betrieben knirscht beim Abschluss von Haustarifverträgen“. In dieser Funktion war sie die erste Frau, heute soll sie erneut ein Amt übernehmen, das bisher nur Männer innehatten: Die gebürtige Dortmunderin soll auf der Bezirkskonferenz des DGB in NRW zur neuen Vorsitzenden gewählt werden. Sie soll Andreas Meyer-Lauber (65) ablösen, der aus Altersgründen nicht mehr kandidiert. Sie ist die einzige Kandidatin.
Künftig wird damit die Spitze des DGB in NRW komplett in Frauenhand sein. Meyer—Laubers bisherige Stellvertreterin Sabine Graf bewirbt sich erneut für den Vize-Posten, den sie seit 2010 innehat. Weber empfindet es als besondere Verpflichtung, sich für die Gleichstellung der Frauen in Gesellschaft und Arbeitswelt einzusetzen, wie sie in einem Interview mit dem „Kölner Stadtanzeiger“ erzählt.
Die designierte Vorsitzende ist mit drei Geschwistern in Dortmund aufgewachsen; nach dem Abitur ist sie zum Studium nach Marburg gegangen. Den Abschluss machte sie in Politologie, Soziologie, Europäischer Ethnologie und Volkswirtschaftslehre. Während und nach dem Examen arbeitete sie bei der Schultheiss-Brauerei in Berlin, zunächst als Schreibkraft, dann in der Debitorenbuchhaltung. Anja Weber wurde Betriebsrätin und wechselte 1992 zur Gewerkschaft. 1997 wurde sie Referatsleiterin in der NGG-Zentrale in Hamburg (Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten). 2002 dann der Wechsel nach NRW; von 2006 bis 2014 war sie Gewerkschaftssekretärin des Landesbezirks NRW der NGG.
Bei ihrer Arbeit setzt die 56-Jährige auf den Dialog. Die Wahrung von „Respekt und Wertschätzung im politischen Streit“ ist ihr wichtig, wie sie in einem Interview sagt. Und fügt hinzu: „Das muss in der Mitte der Gesellschaft wieder stärker gelebt werden, sonst stärken wir die Ränder.“ Sie ist überzeugt davon, dass die Gesellschaft etwas davon lernen könne, wie Arbeitgeber und Gewerkschaften mit ihren Konflikten in Tarifrunden umgingen. Mit Blick auf ihr neues Amt sagt sie, es sei ihr wichtig, den Gewerkschaften eine starke Stimme zu verleihen.
Der DGB in NRW ist mit 1,4 Millionen Mitgliedern ein mächtiger Verband. In ihm haben sich die Gewerkschaften IG Metall, IG Bergbau, Chemie, Energie, IG Bauen, Agrar, Umwelt, NGG, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Gewerkschaft der Polizei, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft und Verdi zusammengeschlossen. alu