88 Bundeswehr-Waffen im Nordirak verschwunden
Berlin (dpa) - Der kurdischen Armee im Nordirak sind in den vergangenen eineinhalb Jahren 88 der 28 000 von der Bundeswehr gelieferten Schusswaffen abhanden gekommen. Das geht aus einem Bericht der kurdischen Regionalregierung an die Bundesregierung hervor, über die der Bundestag unterrichtet wurde.
Mehr als die Hälfte der Pistolen, Sturm- und Maschinengewehre ging in Kämpfen der kurdischen Peschmerga-Armee mit der Terrormiliz Islamischer Staat verloren, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Wieviele davon vom IS erbeuteten wurden, ist unklar.
17 Waffen wurden nachweislich verkauft oder getauscht. Bei 16 weiteren Waffen ist der Verbleib noch ungeklärt. Zehn Peschmerga-Soldaten wurden wegen der Waffenverkäufe inhaftiert. Weitere Verdächtige seien nach Europa geflüchtet. Die Untersuchungen dauern noch an.
Die Bundesregierung sieht trotz der Verluste keinen Grund, die Waffenlieferungen an die Kurden einzustellen. „Es gibt nach wie vor keine Anhaltspunkte dafür, dass es einen systematischen Missbrauch gibt“, hieß es in Regierungskreisen.
Die Bundesregierung hatte im September 2014 damit begonnen, den Kurden Waffen für ihren Kampf gegen den IS zu liefern, darunter 20 000 Gewehre und 1000 Panzerabwehrraketen. Insgesamt umfassten die bisherigen Lieferungen 1800 Tonnen Waffen und Ausrüstung.
Im Januar tauchten Waffen mit der Kennung „Bw“ für Bundeswehr auf Märkten im Nordirak auf. Daraufhin forderte die Bundesregierung Aufklärung von der kurdischen Regierung.
Die nächste Waffenlieferung soll nun im zweiten Quartal erfolgen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Kurden bereits 200 Panzerabwehrraketen vom Typ „Milan“, 4000 G36-Sturmgewehre, sechs Millionen Schuss Munition sowie fünf gepanzerte Fahrzeuge vom Typ „Dingo“ versprochen. Die Peschmerga haben vor allem an den „Milan“-Raketen großes Interesse, weil damit „fahrende Bomben“ - mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge - abgeschossen werden können.
Kritiker der Militärhilfe für die Kurden hatten schon frühzeitig gewarnt, dass die Waffen in die falschen Hände geraten könnten. Sie sehen ihre Befürchtungen bestätigt. „Ich habe im Gegensatz zur Bundesregierung große Zweifel an der präzisen Erhebung der fehlenden Waffen“, sagte Linke-Verteidigungsexperte Alexander Neu der Deutschen Presse-Agentur. „Die Bundesregierung will ganz offensichtlich dieses Bewaffnungsprojekt fortsetzen und redet die Probleme des Endverbleibs als Einzelfälle klein.“