Konflikte mit Trump Hauch von „altem Westen“: G7-Runde vermeidet Bruch mit USA

Charlevoix · Beim Treffen wirtschaftsstarker westlicher Demokratien war eine Spaltung wegen des Kurses von US-Präsident Donald Trump befürchtet worden. Am Ende gibt es überraschende viel Einigkeit. Ob die hält?

Hauch von „altem Westen“: G7-Runde vermeidet Bruch mit USA
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Die wirtschaftsstarken Demokratien des Westens einigen sich trotz der von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Turbulenzen auf Kompromisse bei zentralen Themen wie der stark umstrittenen Ukraine-Politik. „Alle sieben Außenminister stimmen dem US-Vorschlag für einen Waffenstillstand zu, der von den Ukrainern unterstützt wird“, sagte Kanadas Außenministerin Mélanie Joly am Rande des Treffens der G7-Außenminister in Kanada. Man werde nun die russische Reaktion auf den US-Vorstoß prüfen.

Laut der gemeinsamen Abschlusserklärung bekennt sich auch US-Außenminister Marco Rubio trotz des drastischen Kurswechsels von Trump im Ukraine-Krieg und dessen Hinwendung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin zur territorialen Integrität der Ukraine. „Die G7-Mitglieder bekräftigten ihre unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine bei der Verteidigung ihrer territorialen Integrität und ihres Existenzrechts sowie ihrer Freiheit, Souveränität und Unabhängigkeit“, heißt es in dem Abschlussdokument, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Rubio wollte keine harten Formulierungen gegen Moskau

Die von den USA verhandelten Bemühungen um eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg werden in dem Papier begrüßt - diese seien ein „wesentlicher Schritt hin zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen“.

Joly sprach von einer starken Einigkeit in einer Reihe von Fragen. Ob die wegen Trump drohende Spaltung des Westens tatsächlich abgewendet ist, bleibt angesichts der unvorhersehbaren Politik des US-Präsidenten aber offen. Neben Kanada und den USA gehören Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan zu der Runde. Mitte Juni wollen die G7-Staats- und Regierungschefs in Kanada zusammenkommen.

Lange war in der Schwebe, ob es ein gemeinsames Abschlussdokument geben würde, weil Rubio angekündigt hatte, harte Formulierungen gegenüber Moskau nicht mitzutragen.

Nahost: Zweistaatenlösung wird nicht erwähnt

Im Nahostkonflikt forderte die Gruppe die Freilassung aller Geiseln in Gaza sowie die Übergabe der sterblichen Überreste der Todesopfer. Angesichts des Stopps der Hilfslieferungen durch Israel verlangen die G7 „ungehinderte humanitäre Hilfe für Gaza und einen dauerhaften Waffenstillstand“. Die von europäischen und arabischen Staaten angestrebte Zweistaatenlösung wird auf Druck der USA nicht erwähnt.

Die Minister betonen indes „die Notwendigkeit eines politischen Horizonts für das palästinensische Volk“ und zeigen sich besorgt über die wachsenden Spannungen und Feindseligkeiten im Westjordanland. Mit Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert.

Wie liefen die Beratungen?

Auffällig war, dass der US-Außenminister bei gemeinsamen Aktionen der G7-Runde am Rande der Beratungen fehlte. So war Rubio schon beim Empfang durch Gastgeberin Joly am Mittwochabend nicht dabei, als es Marshmallow-Sandwiches gab.

Auch am Donnerstagnachmittag fehlte der US-Amerikaner. Da ließ sich ein Großteil der Runde auf der Hotelterrasse mit Blick auf den beeindruckenden St.-Lorenz-Strom eine örtliche Spezialität schmecken: Es gab „Maple Taffys“, einen im Schnee erkalteten Ahornsirup am Stil. Dabei entstanden Fotos, auf denen die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gemeinsam mit Joly, David Lammy (Großbritannien), Jean-Noël Barrot (Frankreich) sowie der EU-Außenbeauftragen Kaja Kallas fröhlich vereint zu sehen war.

In Charlevoix kursierte die These, Rubio habe sich ersparen wollen, dass er auf solchen freundschaftlich-netten Bildern mit seinen Kolleginnen und Kollegen zu sehen ist. Angesichts der von Trump vorangetriebenen Konflikte hätten diese ja womöglich den Zorn seines Chefs erregen können.

Kanada schwört „maximalen Druck“ auf Trump

Zum Zollstreit mit den USA und den Drohungen Trumps mit einer Annexion Kanadas sagte Joly nach einem „sehr langen Gespräch“ mit Rubio: „Wir werden maximalen Druck auf die Amerikaner ausüben und gleichzeitig versuchen, Auswege zu finden - denn wir wissen, dass die Trump-Zölle letztlich den Amerikanern schaden werden.“ Rubio und sie hätten sich verständigt, sich von Uneinigkeit nicht davon abhalten zu lassen, „uns auch in anderen Punkten zu einigen“. Sie ergänzte: „Wir wissen, dass wir in einer gefährlichen Welt leben.“

Trump hatte Kanada wiederholt den „51. Bundesstaat“ genannt und mit seinem Handelskrieg inklusive Strafzöllen Ängste vor einer Annexion geschürt. Der scheidende Premier Justin Trudeau warnte zuletzt vor wirtschaftlicher Zerstörung durch US-Zölle, Kanada reagiert mit einem Boykott von US-Produkten.

Joly: Drohungen Trumps kein Scherz

Joly sagte zu den Drohungen Trumps gegenüber ihrem Land, sie glaube, dass viele der G7-Kollegen gedacht hätten, „das Thema sei noch immer ein Scherz und müsse mit Humor genommen werden. Aber ich habe ihnen gesagt: Das ist kein Scherz. Die Kanadier sind besorgt.“

Mit Blick auf Europa und dem „Amerika-zuerst-Kurs“ von Trump, sagte Joly, Kanada wolle neue Partnerschaften in der Welt fördern. Dabei wolle man sich wegen der historischen Bindungen mehr der Europäischen Union und Großbritannien zuwenden. Kanada wisse aber, dass es seine Wirtschaft angesichts der drohenden US-Zölle diversifizieren müsse.

„Tolles Modesstatement“: Kanada freut sich über Baerbock-Outfit

Für Freude bei den Gastgebern sorgte eine modische Botschaft Baerbocks zusammen mit der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas. Beide waren in Solidarität mit dem Verbündeten farblich abgestimmt in den kanadischen Nationalfarben Rot (Kallas) und Weiß (Baerbock) aufgetreten. „Es war ein tolles modisches Statement“, schwärmte Joly.

© dpa-infocom, dpa:250314-930-404201/1

(dpa)