Ägypter stellen die Weichen für die Zukunft

Die Wahl des Präsidenten wird entscheidend dafür sein, welchen Kurs das Land einschlägt.

Kairo. Wenn die Ägypter in dieser Woche einen Nachfolger des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak wählen, stellen sie die Weichen für eine neue Republik. Denn die Bürger haben die Wahl zwischen Islamisten, Vertretern des alten Regimes sowie liberalen Kandidaten.

Fünf Männer haben laut letzter Umfragen eine Chance, die zweite Runde der Wahl zu erreichen: Ahmed Schafik, der letzte Regierungschef von Mubarak, der liberale Karrierediplomat Amre Mussa, der zuletzt Generalsekretär der Arabischen Liga war, Abdel Moneim Abul Futuh, der sich als gemäßigter Islamist verkauft, Mohammed Mursi, der Kandidat der islamistischen Muslimbrüder, und der Aktivist Hamdien Sabbahi, der von der Jugend favorisiert wird.

Dass einer der Kandidaten im ersten Wahlgang, der am Mittwoch und Donnerstag durchgeführt wird, mehr als 50 Prozent der Stimmen erhält, gilt als unwahrscheinlich. Deshalb geht es erst einmal darum, wer sich für die Stichwahl am 16. und 17. Juni qualifizieren wird. Insgesamt stehen 13 Namen auf dem Stimmzettel, wobei ein Kandidat inoffiziell seinen Rückzug aus dem Rennen erklärt hat.

Der Wahlkampf war schmutzig. Die Spitzenkandidaten aus dem liberalen Lager warfen den Islamisten vor, sie wollten das Land zu einer Art Taliban-Diktatur machen. Die Islamisten behaupteten, ihre säkularen Gegner seien allesamt „Überreste des alten Regimes“. Der einende „Geist der Revolution“ hat sich jedenfalls verflüchtigt.

Zwar ist ganz Ägypten vom Wahlfieber erfasst. Doch es schwingen auch große Ängste mit. Denn die vergangenen Monate haben gezeigt, dass Kompromissfähigkeit keine Stärke ägyptischer Politiker ist. Schon jetzt haben einige von ihnen angedeutet, dass sie ein Wahlergebnis, das nicht nach ihrem Geschmack ist, für unrechtmäßig erklären wollen. Neue Proteste und Gewalt wären die Folge.

Außerdem ist bis jetzt nicht klar, welche Machtbefugnisse der neue Staatschef haben wird. Denn die Generäle, die nach dem Abgang von Mubarak im Februar 2011 die Macht übernommen hatten, wollen ihre Privilegien nicht aufgeben. Und welche Rechte die neue Verfassung dem Präsidenten geben wird, ist völlig offen.